Dividende als Hebel – Aktien gratis bekommen?
Für die Allianz habe ich dieses Jahr mal kein Postmortem gemacht. Es gab nicht wirklich etwas interessantes darüber zu schreiben. Das Versicherungsgeschäft ist nun einmal ein eher langweiliger Bereich und das die Allianz sich seit Jahren auch für eine Senkung des CO2 einsetzt ist auch nichts Neues. Immerhin ist man ja in einer Branche unterwegs, die direkt durch die Schäden betroffen wäre.
Warum ich ausgerechnet in eine so langweilige Branche investiere? Weil es wirklich eine schöne Dividende gibt. Mit rund 9 € pro Aktie wurde auch dieses Jahr die Dividende weiter gesteigert und erreicht mit einer Dividendenrentabilität von 5% ein durchaus ansehnliches Niveau.
Gerade viele Neulinge an der Börse finden Dividenden ja immer sehr langweilig. Man muss im Zweifel bis zu einem Jahr warten bis es dann endlich mal etwas Geld gibt. Und es gibt eben auch immer wieder Leute, die sagen, dass sie Dividenden nicht gut finden, weil es eben Geld aus dem Geschäft zieht und somit beim Wachstum fehlt. Dies ist in einigen Branchen durchaus auch wahr, aber nicht in jeder.
Nur weil man den Mitarbeitern mehr Geld an den Kopf wirft, werden die nicht notwendigerweise bei einer Versicherung neue gute Produkte entwickeln. Für technologischen Fortschritt sind genügend Reserven da und viel hilft eben auch nicht immer viel. Von daher darf man da wohl als Investor auch mal darüber freuen und in die Kassen greifen.
Doch am Beispiel Allianz möchte ich einmal exemplarisch zeigen, wieso ich denke, dass viele Menschen die Dividende (oft aus Unwissenheit) falsch einschätzen und unterbewerten. Die eigentliche Ausschüttung von 9€ hört sich erst einmal gut an, spielt aber ohne den Kurs zu kennen keine Rolle. Man rangiert momentan um die 200€, so das man bei ca. 4,5% Rentabilität auf den aktuellen Kurs wäre. Der aktuelle Kurs!
Das muss man sich bewusst machen. Gerade als langfristiger Halter hat man oft nicht den aktuellen Kurs als Einstandspreis, sondern eben einen Kurs von vor einigen Jahren. So habe ich die Aktien damals für 135 € erhalten, was dann eine Rentabilität von ca. 6,5% entspricht. Das klingt doch schon einmal wesentlich besser und ist für eine Aktie kein schlechter Wert.
Denn ein funktionierendes Unternehmen steigert üblicherweise auch sein Geschäft und die Gewinne wachsen. Dies kann eben durch neue Produkte, Expansion oder eben auch einer Optimierung der Geschäfte erzeugt werden. Hat man vor einigen Jahren noch auf der Schreibmaschine Briefe geschrieben, verschickt man heute wesentlich einfacher E-Mails. Natürlich ist dies dann auch eine Effizienzsteigerung, die am Ende eben auch in der Kasse ankommt.
Dabei ist die Dividende in den letzten Jahren wie folgt angestiegen:
2017 | 2018 | 2019 |
---|---|---|
4,1% | 5,2% | 12,5% |
Es ist also in den letzten 4 Jahren die Dividende immer weiter angestiegen. In den schlechten Jahren um die 4%, in den guten um die 12%. Das ist natürlich stets kein Garant, dass dies immer so weiter geht. Aber es soll eben mal exemplarisch zeigen, wie es aussehen kann und bedenke ich, dass fast alle meine Titel in den letzten Jahren immer gestiegen sind und ich bereits über einen Erhalt „enttäuscht“ bin, ist es nicht unrealistisch darauf zu hoffen.
Dieses Extra gibt es jedes Jahr on top ohne das man etwas dafür bezahlen muss. Da der Einstandspreis ja bleibt, wächst somit auch unsere Rentabilität von Jahr zu Jahr, den wir mit der Dividende erhalten. Auf den ersten Blick sieht dies nicht nach viel aus, aber lasst uns einmal auf diesen Chart einen Blick werfen:
2015 kam die Aktie auf meine Watchliste und ich verfolgte die Kursentwicklung genauer. Mir war sie zu der Zeit etwas überbewertet und ich wartete auf einen Dip bei dem ich kaufen konnte. Zwei Stück ga es eben doch... den einen habe ich verpasst, beim anderen war ich leider nicht liquide genug. So verstrich das Jahr und der Kurs ging nach oben.
Dann kam glücklicherweise der Beginn des Jahres 2016 an dem die Kurse alle am Fallen gewesen sind. Ich war alamiert. Geld stand zur Verfügung und ich wartete nur noch auf den richtigen Moment. Auf dem Chart sieht es fast so aus als hätte ich eine Punktlandung gemacht und im niedrigsten Punkt gekauft. Dem ist aber nicht so! Denn ein gutes Timing ist sehr schwer...
Zoomt man etwas herein, erkennt man, dass ich bei einem Anstieg gekauft habe. Der Dip war passiert, die Kurse extrem niedrig und mir reichte das Signal dafür aus um zu glauben, dass man eine Talsohle erreicht hatte. Bevor die Preise sich erholten und man wieder in die Röhe schaute, schlug ich zu.
Da der Kauf vor der Hauptversammlung 2016 lag, bekam ich auch bereits für dieses Jahr eine Dividende. Das Timing hätte also nicht besser sein können, gerade wenn man rückblickend auf die Ralley 2017 blickt an dem es wie an der Schnur nach oben ging.
Schauen wir uns also einmal das Ergebnis an. Addiere ich die Dividende über die Jahre zurück und berechne mir meine Dividendenrentabilität, erhalte ich 23,5%. Ich könnte also auch sagen, dass ich bereits von meiner ursprünglichen Investition nach 4 Jahren bereits 23,5% wieder auf das Konto bekomme habe und halte die Aktie eben trotzdem. Geht es so weiter, würde ich also nach 16 Jahren die Aktie für lau halten und habe alle Investitionen wieder zurück erhalten. Laufen die Geschäfte besser, werden es wohl eher 12-14 Jahre.
Natürlich kann man nun sagen, dass das eine lange Zeit sei und eben hier ein besonders dividendenhaltiger Titel sei. Natürlich stimmt das. Aber es zeigt trotzdem wieso ich oft jene nur belächel, die sagen, dass man ja Dividenden ignorieren könnte, weil die gar nicht ins Gewicht fallen. So kann eben am Ende nur ein kurzfristiger Geist denken. Wer von einem Unternehmen überzeugt ist und ihm über Jahre die Stange hält, kann am Ende die Aktien umsonst kriegen oder eben einen nicht unerheblichen Teil seiner Investition zurück kriegen.
Das tolle daran ist ja, dass wir die nicht gleich verfressen und versaufen müssen, sondern eben auch wieder in neue Aktien stecken können und somit einen stärkeren Hebel ansetzen können. Und den lieben Kursfanboys sei gesagt, dass man ja auch diese nicht verliert. Die TTWROR von dem Titel war in diesem 4 Jahren bei 77,91%. Rund 20% pro Jahr Kursanstieg, was sicherlich nicht traumhaft ist, am Ende aber durchaus sehr solide. Gerade weil es eben noch on top kommt!
Ich will an dieser Stelle überhaupt kein Plädoyer für Dividendenstrategien stellen. Jeder muss am Ende eine Strategie finden, die zum ihm passt und womit er gut leben kann. Allerdings bin ich eben sehr faul und investiere langfristig. Ich muss nicht jeden Tag die Charts durchstöbern, Nachrichten lesen, sondern schaue mir nur einmal im Quartal den Bericht an und stelle sicher, dass die Idee noch intakt ist. Statt stundenlang zu analyisieren, lasse ich mein Geld im Unternehmen arbeiten und kassiere dafür am Ende eben die Dividende, die über die Jahre zu einem mächtigen Hebel werden kann.
Gerade die „Sparer“ unter Euch sollten darüber einmal nachdenken, wie ich das Geld in nur 4 Jahren fast verdoppelt habe mit einem klassischen deutschen Bluechip in einer völlig spannungslosen und langweiligen Branche. ;)
Ich hoffe, dass ich den einen oder anderen ein wenig sensibilisieren konnte dafür, dass die Dividende mehr als nur eine lästige Handelsverzerrung oder eben ein Kleckerbetrag, der auf das Konto kommt. Eine hohe Dividende muss nicht zwangsläufig für ein gesundes Unternehmen stehen und man muss eben trotzdem seine Auswahl gut überdenken. Und natürlich ist der Titel etwas reißerisch, da es Titel nicht umsonst gibt. Natürlich muss man ja auch noch ein paar Opportunitätskosten und Inflation mit einpreisen. Das tun die „Sparer“ in Ihrer Rechnung ja aber auch nie... hust :D
Ein interessanter Artikel. Ich bin auch davon überzeugt, dass es besser ist eine Dividende auszuschütten, als sinnlos irgendwie das Geld zu verpulvern. Große etablierte Unternehmen, die kaum weiter expandieren können sind hervorragende Dividendenzahler. Bestes Beispiel: Coca Cola.
Dramatisch wird es dann, wenn Dividenden ausgeschüttert werden, obwohl die Gewinne das nicht hergeben. Zum Beispiel weil das Unternehmen schon immer (steigende) Dividenden ausschüttet, weil es dadurch in bestimmte Rankings reinkommt und für Investoren interessanter wird (Stichwort Dividendenaristokraten).
Ja, die Ansicht habe ich auch. Einfach riesige Mengen Geld jemanden an den Kopf zu schmeißen und zu denken, dass danach nur alles wachsen kann, funktioniert eben auch nicht. Es muss ausreichend Geld übrig sein um zu wachsen, aber oft werden ja nur 30-40% des Gewinns ausgeschüttet. Gerade bei den ausgewachsenen sollte das mehr als genug sein. Und kommt eine Geschäftsführung und legt eine größere Investition auf den Tisch und erklärt, dass man deswegen die Dividende dieses mal nicht so hoch auszahlt... kein Problem. Aber dann hat man eben eine Hausnummer und vor allem auch einen Plan und nicht nur ein schwarzes Loch aus dem man sich dann bedient.
Sehr guter Punkt. Gerade bei den Dividendentiteln gibt es leider zunehmend Leute, die Ausschüttungen über Fremdkapital vornehmen. Mag ja auch um den Ruf zu wahren mal gehen... aber kann auch ein Alarmindikator dafür sein, dass das Geschäft nicht mehr intakt ist. Das viele Unternehmen gar nicht wissen wohin mit dem Geld, zeigt die hohe Welle an Rückkäufen in den Unternehmen. Gut als Aktionär verliert man auch daran nicht, aber das macht man nicht, wenn man wachsen könnte ;)
Sehr ausführlicher Beitrag der vielleicht den Einen oder Anderen dazu ermutigt, sein Geld in Aktien zu investieren. Die Deutschen sind in der Hinsicht viel zu zurückhaltend.
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Vielen Dank. Ja, ich versuche regelmäßig immer wieder mal ein paar Deutsche zu motivieren sich mehr mit Aktien zu beschäftigen. Gerade damit es eben nicht nur irgendwelche Leute in Anzügen immer unken. Es ist traurig zu sehen, dass viele auf diese Weise ihr Geld verlieren.
Dabei kommt in Gesprächen immer wieder die Furcht hoch, dass man ja alles verlieren kann. Stimmt theoretisch, aber eine Aktie ist ja erstmal nur ein Wertpapier und es gibt eben auch dort riskante und weniger riskantere Titel. Einige wie hier eben sind so staubtrocken, dass einige schon schreiend weglaufen.
Aber ein "Unternehmerdenken" ist in Deutschland leider sehr selten und wenn wirkt es immer gleich wie von der FDP ausgehaucht. Schreibt man aber nur die damit verbundenen Ideale, würde fast jeder denen zustimmen. Es zeigt, dass es einfach ein Image-Problem am Ende ist :-/
Gute erklärung, habe Dvi-Titel gerne als Beimischung im Depot.
Genau! Wem es dann am Ende zu langweilig mit sowas ist, kann man eben etwas anderes beimischen. Strategien können sehr flexibel definiert werden. Sie sind eben kein "Gefängnis", sondern ein Handlungsleitfaden, damit man in der Krise auch weiß wie man reagieren soll.
Ich hasse Dividenden.
Als Option Trader muss man da immer aufpassen, dass die Short calls nicht ausgeübt werden. Dann bekommt man eine short stock position und die Dividende darf man auch noch bezahlen.
;)