Hidden Agenda – Das Fuck you Money!

in #geld4 years ago

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Jeder Lohnarbeiter kennt diese Tage. Der Projektleiter huscht hektisch über die Flure wie ein tollwütiger Nazgûl und stiftet innerhalb des Teams unruhe. Der Neuling im Flur glaubt, dass er Mr. Superhero sei und ruiniert mit seiner feinfühlig erstellten Kontribution mal wieder das Tagesziel. Der einzig verlässliche Kollege wickelt sich nebenan bereits das Mauskabel um den Hals um sich daran zu strangulieren.

Wie gut, dass es da noch das Management von oben gibt, dass sich darauf spezialisiert hat die gesamte Abteilung hinab in die hindersten Höllenschlote zu manövieren nur um dann bei der finalen Ankunft durch einen geschickten Sprung sich vom sinkenden Schiff zu buxieren und einen neuen Abschnitt in ihrer Karriereleiter zu beginnen.

Wenn mal wieder klar wird, dass das aktuelle Projekt kein Vergnügungstrip wird, sondern wieder einmal einer dieser berüchtigten Deathmarch-Projekts ist, die nun allerdings als Marathon absolviert werden müssen. Das man eigentlich schon längst kein normaler Lohnsklave mehr ist, sondern seine eigene Brücke am Kwai aufbaut und der Krieg eigentlich bereits längst verloren ist.

Eben solche Tage an denen die eigenen Gedanken zumeist um eine Frage im Kopf drehen: Wieso tue ich mir das eigentlich jeden Tag an? Die Antwort darauf ist meist recht einfach! Man bekommt am Ende immer ein wenig Schmerzensgeld auf das eigene Konto überwiesen. Sicherlich! Vater Staat langt vorher auch noch einmal übig zu. Die Betonung liegt also auf „ein wenig“, den üblicherweise reicht es gerade so eben aus um über die Runden zu kommen.

Genau genug als das man als Junkie wieder ein wenig angefixt ist und es irgendwie dann doch wieder durch den nächsten Monat schafft um wieder einmal seinen Schuss zu kriegen. Wie gut, dass wir unsere Dosis selbst regulieren können und diese daher langsam über den ganzen Monat hin abgegeben. Denn im Gegensatz zu früheren Sklaven muss man eben auch noch für seine Unterbringung und Kost aufkommen.

Dieser Käfig ist so optimal konstruiert, dass es Menschen geben soll, die nie begreifen werden, dass es ein geschickt konstruiertes Gefängnis ist in dem sie leben. Oder sich sogar einreden, dass sie all das oben beschriebene tun um sich „selbst zu verwirklichen“ oder sogar weil sie daran Freude empfinden. Wer aus Freude für jemand anderen arbeitet und sich des Nachts in den Schlaf weint ist ein Fall für einen Psychiater.

Was die Firma allerdings nicht weiß ist, dass ich eine Hidden Agenda verfolge. Ich bin ein ungehorsamer Sklave, der sich nicht jeden Monat erst einmal die Spritze setzt um in einem Konsumrausch zu verfallen, sondern seinen Stoff feinsäuberlich zur Seite legt und sammelt. Wie bereits in einigen Artikeln beschrieben, habe ich eine Sparquote von bis zu 60%. In einigen Monaten mal ein wenig mehr, in manchen mal ein wenig weniger. Am Ende aber immer noch mehr als das der meisten Menschen.

Nicht weil ich besonders gut verdiene, sondern weil ich so wenig zum Leben brauche. Für mich ist das Geld eben nicht nur der Schnelle kick, sondern ein Ticket in die Freiheit. Etwas das mir erlaubt klare Grenzen im Leben zu ziehen über dem was ich mir bieten lasse und was ich verweigere.

Im Börsenjargon wird dies auch als „Fuck you Money!“ bezeichnet. Wobei es sich nicht um einen linken Wahlspruch handelt, sondern nach dem „you“ keine Pause gemacht wird. Es ist die Form von Geld die einem erlaubt, dass man nicht alles mit sich machen lässt. Die eigene Notfallreserve, die man ggf. nutzen kann um das Weite zu suchen. Der Begriff ist schwammig definiert und ursprünglich eher dazu genutzt worden um einen Ausstieg zu ermöglichen, der einem keine Einbussen in der Lebensqualität erlaubt.

Er wurde aber auch z.B. von Feministen genutzt um ein Notfallgeld zu beschreiben, der es einer Frau erlaubt von ihrem schlechten Ehemann abzuhauen. Irgendwo in einem Hotel unterzukommen und dort solange zu verharren bis man eine Lösung für das eigentliche Problem gefunden hat. Eben eine Form von „Überwinterung“.

Genau so definiere ich „Fuck you Money“ auch für mich. Würde ich damit die eigene Lebensqualität erhalten können, würde ich vermutlich bereits nicht mehr arbeiten. Vielmehr ist es für mich das Geld, dass ich nutzen könnte um direkt zu meinem Chef zu gehen und ihm „Fuck you!“ ins Gesicht zu sagen ohne das ich dabei Konsequenzen für mich selbst zu fürchten hätte.

Er damit drohen könnte, dass ich mein Gehalt verliere und ich ihm sagen könnte: „Fuck you!“. Das danach der Staat kommen könnte und sagen würde, dass man aber mit einer solchen Einstellung keine Hilfe erhalten würde und ich ihnen sagen könnte: Fuck you! Das ich notfalls irgendwo ganz anders hingehen könnte, wo ich billiger leben könnte und der ganzen Welt sagen könnte: Fuck you!

Für mich ist es also der Begriff, dass ich alles was ich zum Leben brauche weiterhin bekomme und auf überflüssigen Luxus verzichte. Ja, ich habe ein Netflix-Account und freue mich darüber. Zum Leben bräuchte ich es allerdings nicht. Ich kann darauf verzichten und bräuchte es wohl auch nicht mehr um mich Abends zu beruhigen, wenn ich erst gar nicht zur Arbeit ginge.

So fertige ich einmal im Jahr immer ein Schattenbudget an in dem ich all meine Kosten und Budgets noch einmal danach sortiere, was ich wirklich zum Leben bräuchte. Während ich es nicht schaffe mit den Ersparnissen und Kapitalerträgen meinen Lebensunterhalt zu decken, sieht dies bereits wesentlich besser aus, wenn ich meine persönliche Fuck you-Quote errechne.

Immerhin bei 76% liegt diese bereits und es wird nicht mehr lange dauern bis diese dann bei 100% liegen wird, wenn ich weiterhin meine Hidden Agenda verfolge und einfach nicht das Schmerzensgeld für eine Konsumbefriedigung ausgebe, sondern für eine potenzielle Flucht zur Seite lege.

Zwar ist mein Job „akzeptabel“, aber es kann ja immer wieder einmal ein neuer Chef um die Türe kommen, der es schafft einen das Leben zur Hölle zu machen. Doch ich bin auf einen solchen Moment vorbereitet und übe bereits fleißig vor dem Spiegel „Fuck you!“ zu sagen. Einfach weil dies ein gutes Gefühl ist.

Und ja, dabei überkommt mich oft ein Gefühl des Mitleids für meine Mitsklaven. Insbesondere jene die eine verschwenderische Frau haben, eine Herde Kinder ihnen die Haare vom Kopf fressen und zur Miete im eigenen Haus leben und sich damit die Illusion hingeben, dass ihnen etwas gehören würde. Vermutlich werden sie niemals auch nur den Gedanken haben, dass sie so etwas wie Fuck You Money haben werden und sind daher auch die beliebsten unter den Sklaven.

Naja und wenn dann doch mal alle Stricke reißen, gibt es ja immer noch das Mauskabel am Rechner :)

Ich hoffe es wird klar, dass nicht alles in diesem Text für bare Münze gehalten werden sollte und überspitzt dargestellt ist. Die Anzahl an Kollegen in der Abteilung die wir durch USB-Kabel verloren haben hält sich arg in Grenzen. Trotzdem sollte wirklich jeder einmal überlegen, wo seine Brücke am Kwai eigentlich errichtet wird und wieviel er bereit ist mit sich machen zu lassen. Und eben zu verstehen, dass einige Leute so sparsam leben nicht weil sie Geld lieben, sondern ihre Freiheit. Selbst dann, wenn sie diese Option nie spielen werden!

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Heyhoo :)
Du Mintos-Fan hast doch bestimmt nen Ref-Link für mich, welchen ich weiterreichen kann? ;)
Da hat gerade einer in nem Chat nach solch einem Link gefragt, da er dadurch 40(?)€ als Start bekommt..?
Musste da direkt an dich denken. :)

https://www.mintos.com/de/l/ref/75K0S4
Ja, beide Seiten kriegen einen Bonus. Ich fühle mich geehrt, wenn man an mich denkt. Zumindest wenn er dabei nicht auf den Boden spuckt ^_-

Guter Stoff :-). Motiviert mich zu einem Zitat: Wer weiß, wie gut es ihm gehen könnte, weiß, wie schlecht es ihm geht.

seufz Da muss ich ein wenig mit den Zähnen knirschen. ;)

Warum? Ist das falsch? Ich bin davon überzeugt, dass nur wenige wissen, was es wirklich bedeutet glücklich zu sein. Wenn ich glücklich bin, geht es mir gut. Glücklich bin ich, wenn ich gedeihen kann, einfach gedeihen, wie eine Blume. Auf Grund der sehr vielen Einschränkungen und staatlichen Regulierungen, behaupte ich, kann so gut wie niemand wirklich gedeihen. Wir wissen nicht mal, wie es sich anfühlt wirklich gedeihen zu können, und viele halten diesen Zustand für normal.

Nein, ich knirsche mit den Zähnen, weil ich Dir widersprechen möchte, es aber nicht kann, weil ich es für wahr halte ;)

Fuck off! Fuck Money! Fucking, bloody Hell!
Das war mal ein Beitrag, der mir gefallen hat und ...

aber es kann ja immer wieder einmal ein neuer Chef um die Türe kommen, der es schafft einen das Leben zur Hölle zu machen. Doch ich bin auf einen solchen Moment vorbereitet und übe bereits fleißig vor dem Spiegel „Fuck you!“ zu sagen.

Ich hoffe auf gutes Gelingen.
Ist ganz einfach, glaube mir. 😎

Ich hoffe auf gutes Gelingen.
Ist ganz einfach, glaube mir. 😎

Ihr erfahrt es auf jeden Fall zuerst, wenn es soweit ist ;)

Ziemlich gut auf den Punkt gebracht, musste schon das ein oder andere Mal schmunzeln 🤭

Posted using Partiko Android

Okay, gut zu hören. Das Thema ist viel zu ernst als das man nicht darüber lachen könnte ;)

Das hört sich wie ein Plot für einen Film an. Bei der Climax richtet sich der Protagonist in seinem Cubicle auf, schreit "Fuck you all!" und dann kommt ein Cut zu wie er im Flieger Richtung Südamerika oder Südasien sitzt, um seinem Traum von Freiheit nachzugehen. Im Film zeigen sie aber nie was danach passiert.
Also frage ich mich, was du machst, nachdem du der Welt "Fuck you!" gesagt hast. :)

Das hört sich wie ein Plot für einen Film an.

Naja, den Rat gibt es ja durchaus in einigen Filmen ;)

Am beeindruckensten wohl auch im Film "There will be Blood", wo der (zugegeben verrückte) Protagonist jemanden an den Kopf wirft, dass der einzige Grund für ihn reich zu sein der ist, dass er Leute bezahlen kann, dass sie ihm aus dem Gesichtsfeld verschwinden. Das ist dann nicht nur überleben, sondern schon wirklich der Königsweg ;)

Also frage ich mich, was du machst, nachdem du der Welt "Fuck you!" gesagt hast. :)

Nun bei mir wäre es ja eher das kleine Fuck you. D.h. man würde sich nur Zeit verschaffen einen vernünftigen neuen Herren zu suchen. Alles andere wäre dann eben doch nur der Traum. Mittelfristig wäre meine Exit-Strategie vermutlich eine Flucht in Richtung Skandinavien. Irgendwo wo wenig Menschen sind und man seine Ruhe hat. Das überrascht viele, da sie immer eher von den Tropen träumen. Aber ich trotze lieber ein wenig der Kälte als ständig den Kopf zu schütteln über die Dummheit mancher Leute. :)

Das ist dann wortwörtlich Fuck You Money.
Mein Plan war es ja eigentlich im öffentlichen Raum Geld zu verbrennen, aber dafür kann man in vielen Ländern bis zu 10 Jahren in den Knast landen, also kann ich es doch nur zuhause machen :/

Interessant! Der Norden ist ebenfalls seit jeher mein Ziel, wenn auch eher ein langfristiges. Und die Reaktion die ich wahrnehme ist mittlerweile selten Überraschung, angesichts dessen was in der Welt so vor sich geht.

Geld daheim zu verbrennen ist doch so 20. Jahrhundert! Wie wäre es mit dem Kauf von Bitcoin und dem Überweisen ans Nirwana oder wegschmeißen der Keys. Öffentlich dokumentiert, eine Spende ans Netz und gleichzeitig ein effektiver Weg um der Welt zu zeigen, dass man seinen Weg in den Wohlstand im Hardcore-Modus bestreiten will. Ich bin bereits mit 20 Bitcoin dabei. Kann dies aber nicht belegen, da ich nichtmal die Adresse notiert habe ... pffff... kein brennender Euro riecht so ;D

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