Hayek und Bitcoin

in #bitcoin5 years ago


Der Traum vom unregulierten Marktgeld

"Ich glaube nicht, dass wir jemals wieder ein gutes Geld haben werden, bevor wir nicht das Ganze aus den Händen der Regierung entwenden, das heißt, wir können sie nicht gewaltsam aus den Händen der Regierung nehmen, alles, was wir tun können, ist, auf eine schlaue Art und Weise etwas einzuführen, das sie nicht stoppen können." Das sagte er im Jahre 1984. 25 Jahre später erblickt Bitcoin, ein digitales dezentrales Transaktions-Verifizierungs-Netzwerk das Licht der Welt. Heute, 35 Jahre nach dem Zitat, fällt es schwer, es nicht im Zusammenhang mit Bitcoin zu interpretieren.

ab Minute 19

Das Kryptoanarchistische Manifest schlug dann 1988 in die gleiche Kerbe und sagte ein Kryptogeld voraus (https://www.activism.net/cypherpunk/crypto-anarchy.html). Genauso wie der amerikanische Ökonom Milton Friedman 1999:

Das Einzige, was fehlt, aber bald entwickelt wird, ist ein zuverlässiges E-Cash. Eine Methode, bei der Sie im Internet kaufen können, ohne dass A B oder B A kennt. Die Art und Weise, wie ich einen 20-Dollar-Schein annehmen und an Sie übergeben kann und es keine Aufzeichnungen darüber gibt, woher er stammt. Und Sie können das bekommen, ohne zu wissen, wer ich bin. So etwas wird sich im Internet entwickeln.

Der gemeinsame Nenner dieser markanten Vorhersagen ist natürlich das Internet. Viele hielten es Anfang und Mitte der 90er Jahre für verrückt, von "online arbeiten" oder "online einkaufen" zu sprechen. Zu versuchen, sich eine erlaubnisfreie zukünftige Währung vorzustellen, die nicht von der Regierung reguliert wird, wäre für die meisten jenseits der Grenzen ihrer Vorstellungen geblieben. Und doch ist Bitcoin hier. Sie hatten Recht.

Keynesianer vs. Österreicher

Hayek war ein wichtiger Denker und Innovator der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Das österreichische System ist ein klassisches Wirtschaftsmodell, bei dem staatliche Eingriffe in den freien Markt unerwünscht und als schädlich und unlogisch angesehen werden. Der widersprüchliche Standpunkt und das heute herrschende Wirtschaftsmodell, das keynesianische System, verlangt das genau Gegenteil, dass die Regierungen aktiv in die Wirtschaft einbezogen werden müssen, und zwar durch zentralisierte Regulierung und zwangsweise Umsetzung der gesetzmäßigen Politiken, insbesondere der Finanz- und Geldpolitik.

Während fast alle modernen Nationalstaaten der Ansicht sind, dass die Zinssätze über den ökonomischen Arm der Regierung, der Zentralbank, festgesetzt werden müssen, betrachtet die Österreichische Schule den Markt eher als eine organische Einheit, die nach ihren eigenen natürlichen Regeln funktioniert. Boom- und Bust-Zyklen (Hochkonjunktur und Finanzcrashs) sind die natürliche Folge künstlicher Eingriffe und provozierter Kreditblasen.

Das Wissensproblem

Friedrich Hayeks wichtigster Beitrag für die Österreichische Schule ist wohl das Konzept des so genannten Wissensproblems oder des "lokalen Wissensproblems". Als eine Art Ableitung und Erweiterung des ökonomischen Rechenproblems des österreichischen Denkers Ludwig von Mises beschäftigt sich das Wissensproblem mit der grundlegenden Dysfunktion der zentralen Planung. In seiner Arbeit "The Use of Knowledge" von 1945 erklärt Hayek:

…die Kenntnis der besonderen Umstände von Zeit und Ort. In diesem Zusammenhang hat praktisch jeder Einzelne einen gewissen Vorteil gegenüber allen anderen, weil er über einzigartige Informationen verfügt, von denen er Nutzen ziehen könnte, von denen er aber nur dann Gebrauch machen kann, wenn ihm die von ihm abhängigen Entscheidungen überlassen oder mit seiner aktiven Mitarbeit getroffen werden.

In diesem Sinne ist eine zentralisierte Wirtschaftsplanung zum Scheitern verurteilt. Während aggregierte Daten, Statistiken und relativ "stabile" Zahlen ein Bild ergeben können, sind dies die Auswirkungen einzelner Marktakteure und ihre dargestellten Präferenzen und nicht die zentrale Planung. Das heißt, relative Stabilität wird als Nebenprodukt einzelner, unabhängiger, atomisierter Marktsignale erreicht. Dies trotz - und nicht wegen - der zentralen Planung.

Blockchain - der freie Markt für unabhängige konsensgetriebene Nodes

Einzigartiges, vielfältiges Wissen, das jeder einzelne Marktakteur besitzt, kann von einer synthetischen, regulierten zentralen Einheit nach österreichischem Denken nicht verarbeitet, verstanden oder anderweitig erkannt werden.

Die österreichische Wirtschaftstheorie befürwortet im wahrsten Sinne des Wortes dezentrale, "erlaubnisfreie" Netzwerke von Knoten von autonomen Marktakteuren, aus denen digitale Assets wie Bitcoin und das Phänomen dezentraler Netzwerke hervorgegangen sind. Da Bitcoin bereits über zehn Jahre alt ist, dürfte sein Nutzen mittlerweile erweisen sein. Der von der Österreichischen Schule hofierte Markt, hat sein Urteil gefällt. Bitcoin ist gekommen, um zu bleiben.

Prognosen

Obwohl die keynesianische Politik derzeit die Oberhand hat, bestreiten viele, dass verordnete staatliche Eingriffe und Hilfen offenbar so oft in Form von disruptiven Marktkorrekturen erfolgen. Hayek betrachtete die Konjunkturzyklen als Zeichen dafür, dass eine organische Anpassung im Gange sei. Ähnlich wie Kopfschmerzen auf Dehydrierung oder Stress im Körper hinweisen können, signalisieren Nachfragerückgang und weniger Ausgaben Zögern der Marktteilnehmer und die Forderung nach Neuanpassung und Rekalibrierung gemäß neuer Marktsignale.

Wie bei den Mega-Bankenrettungsaktionen der letzten Zeit zu beobachten ist, darf sich diese österreichische "bittere Pille" nicht konsolidieren und ein neues "Gleichgewicht" finden. Stattdessen schaffen keynesianische Ökonomen mehr Kredite (und Schulden, die die Steuerzahler letztendlich tragen müssen), um schlechte Akteure und Institutionen zu retten, die sonst untergegangen wären. Die Vorhersagen von Hayek, Mises, Friedman und ihren Mitstreitern stehen im krassen Gegensatz zu denen der bekannten, preisgekrönten Keynesianer.

Legendär ist eine Aussage des keynesianischen Ökonomen Paul Krugman, der 1998 in einer Festschrift für das Time-Magazin zum 100jährigen Jubiläum doch tatsächlich der Auffassung war: "Das Wachstum des Internets wird sich drastisch verlangsamen, da der Schwachpunkt im Metcalfe'schen Gesetz - das besagt, dass die Anzahl der potenziellen Verbindungen in einem Netzwerk proportional zum Quadrat der Teilnehmerzahl steht - offensichtlich wird: Die meisten Menschen haben sich nichts zu sagen! Bis etwa 2005 wird sich zeigen, dass die Auswirkungen des Internets auf die Wirtschaft nicht größer waren als die des Faxgeräts."

Mises sagte den in der jüngeren Vergangenheit beobachteten Zusammenbruch der großen sozialistischen Staaten bereits 1920 voraus, die sich entschieden hatten, das Problem der Wirtschaftsrechnung zu ignorieren. Hayek und Friedman prognostizierten unter anderem das Aufkommen der Kryptowährung. Was John Maynard Keynes, den Vater der keynesianischen Schule, betrifft, so prognostizierte er bereits 1930 eine 15-Stunden-Woche, da Automatisierung und der Ausbruch des Reichtums die Arbeit unnötig machen würden.

Zum Sparen von Geld ließ Keynes verlauten: "Die Liebe zum Geld als Besitz…. wird als das anerkannt werden, was es ist, eine etwas ekelhafte Morbidität, eine jener halbkriminellen, halbpathologischen Neigungen, die man mit einem Schaudern an die Spezialisten für psychische Erkrankungen übergibt."

Bald 100 Jahre später darf man sich fragen, wie es um die Vorhersagen der beiden Schulen bestellt ist. Für die Keynesianer sieht es nicht gut aus, dennoch erleben sie gerade unter den Demokraten in den USA durch das Aufkommen der Geldtheorie MMT so eine Art Hochkonjunktur, die sogar in Deutschland wieder ernsthaft diskutiert wird.

Bitcoin ist zwar kein Wundermittel gegen alle Verfehlungen der Politik, aber in Sachen der Vermögensspeicherung dürfte er neben einigen anderen Assets wie Aktien, eine gute Möglichkeit sein, das hart verdiente Geld - bei Beachtung aller Risiken - vor dem Zugriff Dritter zu schützen.

Je mehr sich Politik über die dezentrale unkontrollierbare Natur von Bitcoin echauffiert, desto mehr dürfen wir uns sicher sein auf das richtige Pferd gesetzt zu haben!

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Vielen Dank für diesen exzellenten Artikel!

Bezüglich Bitcoin vertrete ich allerdings eine andere Meinung.

Über alles andere kann und sollte man diskutieren.

Du begehst schon ziemliches Rosinenpicken wenn du Aussagen/Prognosen von Hayek und Keynes so gegeneinander aufstellst. Genauso sollte man festhalten, dass die derzeitige Politik weder Keynes noch Hayek folgt, sondern irgendwo dazwischen liegt. Und schon gar nicht haben haben wir ein zentral kontrolliertes Wirtschaftssystem wie etwa die kummunistischen Staaten der Nachkriegszeit, auf die Hayek seine Kritik ja bezog.

Hayek hat sich teilweise auch ordentlich verkalkuliert, etwa in Chile unter Pinochet, wo neben der ganzen Menschenrechtsverletzungen auch das von Hayek angeleitete Wirtschaftssystem nicht funktioniert hatte (bzw. halt nur für die obersten 10% funktioniert hat).
Und man sollte erwähnen, dass Hayek selbst staatliche Regulierung in gewissen Kernbereichen für absulut unabdingbar hielt. Wie schreibt er so schön in "Road to Serfdom":

Kein vernünftiger Mensch kann sich ein Wirtschaftssystem vorstellen, in dem der Staat ganz untätig ist.

Die derzeitige Politik folgt Keynes nicht in Gänze, das ist wahr, aber sie folgt in dem Sinne, dass sie Nachfragesteuerung mit Steuergeld betreibt.

Ein zentral gelenktes Wirtschaftssystem nach kommunistischem Vorbild haben wir nicht, auch richtig, aber es zentralisiert sich immer mehr, weil es mehr Vorschriften und Gesetze gibt, die in das private Leben der Bürger eingreift, als vor 10 oder 50 Jahren. Mit jeder Vorschrift, mit jeder Subvention steuert die Politik genau in diese Richtung.

Was das Wirtschaftswachstum in Chile unter Pinochet angeht, kann man hier in Kurzform nachlesen, wie es um die Schocktherapien der Volkswirtschaft bestellt war. Wachstum stieg und die Inflation ging zurück.

https://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftsgeschichte_Chiles#Radikale_Reformen_(1973%E2%80%931982)

Dass er ein Diktator war, weiß ich und hat nichts mit den Wirtschaftsreformen zu tun. Er hätte auch ein sozialistisches System aufrichten können. Er wäre so oder so ein Dikator gewesen.

Das düfte auch der Grund sein, warum sich das kommunistische Regime in China so lange hält. Es setzt in Teilen auf Marktwirtschaft und zögert somit den Zusammenbruch heraus.

Und ja, Hayek hat staatliche Eingriffe nicht in der Radikalität abgelehnt, wie sein Lehrer Ludwig von Mises.

Dein Link bestätigt ja sehr eindrucksvoll, was ich sage. Hat für die oberen 10% gut funktioniert, dem Rest das Leben zur Hölle gemacht. Was auch der Grund ist, warum radikal-markliberale Ideen nur gegen die Mehrheit der Bevölkerung (also in einer Demokratie nur sehr schwer) durchsetzbar sind.

Sehr interessant. Danke für diesen Einblick in die Wirtschafstheorie.

Bitte, hab mal eben ganze Wirtschaftsbücher auf ein paar Zeilen eingedampft ;)

Vielen Dank für diesen hervorragenden Artikel. Er erklärt unter anderem auch, warum BTC zwingend weiter steigen wird und neben Gold einer der ultimativen Wertspreicher sein wird.

Was ist aus der österreichischen Marktwirtschaftslehre geworden?

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Sie dümpelt vor sich hin, beklagt aber nicht die mangelnden Freunde in der Politik ;)

Posted using Partiko Android

Seit Beginn der aktuellen Krisenreihe 2007 hat die Österreichische Schule massiv an Zuspruch und Reputation gewonnen, wenn auch auf leider sehr niedrigem Niveau!

So ist es... Den Markt, die Menschen, einfach machen lassen... Das verträgt nicht jeder Politiker... Eigentlich keiner ;)

Posted using Partiko Android

Wow.

Fake world

Danke, wieder was dazu gelernt...

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