Plädoyer gegen HODL

in #cryptocurrency7 years ago

Ein Leitspruch der Kryptowährungstrader ist „Verlust macht man nur, wenn man verkauft“. Und wenn man sich die Charts anschaut kann man nicht übersehen, dass alle Coins – bis auf wenige Ausnahmen – langfristig eher an Wert gewinnen. Es scheint also nur ausreichend Geduld zu benötigen, um aus so gut wie jedem Coin einen Gewinn rausholen zu können.

Bei der normalen Börse hingegen lautet ein Tipp für Kleinanleger: „Verluste begrenzen“. Lieber bei geringem Verlust sofort verkaufen und dieses Minus akzeptieren, statt zum ungewollten Langzeitinvestor zu werden, weil man eben nicht damit leben wollte, weniger Geld rausholen zu können, als man mal reingesteckt hat.
 

Ich bin hin und her gerissen, welche Strategie die sinnvollere ist. Bzw nachdem ich zu lange auf die „HODL“-Rufe gehört habe komme ich inzwischen zur Überzeugung, dass es tatsächlich oftmals besser ist, mit kleinem Verlust zu verkaufen, bevor man so weit in der Verlustzone ist, dass ein Verkauf schon fast eine Katastrophe wäre. 


Drei Beispiele:

1. Ripple 

Eine meiner ersten Investitionen – und mit Sicherheit mein bisher größter Fehler – war der Ripple. Zu dem Zeitpunkt hatte ich vom Traden keine Ahnung und auch kein Interesse daran. Ich wollte kaufen und halten, und mich in einem Jahr über die Gewinne freuen. Aufgrund fehlinterpretierter Informationen in Verbindung mit einem mir heute nicht mehr nachvollziehbaren Hype hielt ich den Ripple für eine gute Investition und entschied mich, eine für mich durchaus große Summe in diesen Coin zu investieren. Dass der Kurs zu dem Zeitpunkt sehr hoch stand schreckte mich nicht, eher im Gegenteil. War ich es doch vom Bitcoin gewohnt, dass der Kurs eben immer weiter steigt und steigt und einem immer als „gerade viel zu hoch“ erscheint. 

  
Seit meinem Kauf kennt der Ripple aber nur noch eine Richtung: bergab. In den letzten Tagen steigt er zwar wieder ein bisschen, aber das begrenzt meinen Verlust nur marginal, dieser Coin war wirklich ein Geldgrab für mich. Und aus dem „echten Leben“ kennt man doch wiederum den Spruch, man solle schlechtem Geld kein gutes hinterher werfen. Also wo sollte man die Grenze ziehen, die Hoffnung aufgeben und einen Verlust hinnehmen, bevor dieser nur noch größer wird? 


Mit der „HODL!“-Parole im Hinterkopf habe ich bislang darauf verzichtet, mit Verlust zu verkaufen. Ich „hodlete“, als er auf 10.000 Satoshi fiel, und ebenfalls bei 9. Bei 8800 kaufte ich sogar noch einmal nach, natürlich mit der Hoffnung, meinen break even Preis zu senken, stattdessen baute ich nur meine Verluste noch weiter aus. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, „Verlust macht man nur, wenn man mit Verlust verkauft“ und „HODL, HODL, HODL“... je tiefer der Preis fiel desto schwerer wurde es, diesen Parolen zu folgen. Denn was bringt alle Geduld, wenn man dadurch über Monate einfach nur tatenlos zusieht, wie die Investition wie bei einem Loch in einem Sandsack zerrinnt?

Also: HODL um jeden Preis? 

Den Wertzuwachs des BTC berücksichtigt habe ich mit dem Ripple bisher mehr Euro verloren, als ich überhaupt je in ihn investiert habe. Bemerkenswerte Leistung, oder? Und ich bin weit, weit entfernt davon, mit diesem Coin even zu sein, von tatsächlichen Gewinnen wage ich nicht mal mehr zu träumen.
Hätte ich bei 10.000 verkauft hätte ich ordentlich Verlust gemacht. Allerdings erheblich weniger als bei 4000, die er vor ein paar Tagen schon nicht mehr wert war.   

Hätte ich frühzeitig mit geringem Verlust verkauft hätte ich den verblieben Rest BTC dafür benutzen können, in einen besseren Coin zu investieren. Es gibt ja durchaus einige, die in den letzten Monaten erheblich zugelegt haben, damit hätte ich meine Verluste locker wett machen können. Und hätte dann sogar einen Teil des Gewinns davon wieder in den Ripple stecken können, eben zB beim Preis von 3800.   
 
Dass diese Strategie sinnvoller ist als zum „HODL“-Gott zu beten zeigen mir auch andere Erfahrungen:

2. Digibyte 

In diesen Coin hatte ich vor dem Run darauf investiert und freute mich über 700% und mehr an Wertzuwachs. Nach dem Ripple-Debakel erheblich vorsichtiger geworden hatte ich in diesen Coin zwar wesentlich weniger investiert, trotzdem konnte er zeitweise mein Minus durch den Ripple ausgleichen. Und dann kam der Absturz. Die Digibyte-Jünger riefen „HODL! HODL!“ und da zum Zeitpunkt meiner Investion immer von „langfristig“ die Rede war folgte ich dem Mantra. Zu dem Zeitpunkt musste ich erst noch lernen, dass „langfristig“ beim Thema Kryptowährungen manchmal keine zwei Wochen sind, weil bis dahin die Zukunftsaussichten eines Coins komplett überholt sein können. Aber ich war so weit in den grünen Zahlen, dass ich eine Weile entspannt zusehen konnte, wie der Preis immer weiter sank. Mein Gewinn schmolz – HODL!  

Irgendwann entschied ich mich dann, doch zu verkaufen. Immer noch mit Gewinn, im Vergleich zu dem, was ich hätte rausholen können, wenn ich frühzeitig vom sinkenden Schiff gesprungen wäre – Fugasi!– war meine grüne Zahl am Ende aber bedauernswert klein. Und doch immer noch größer als die wäre, wenn ich bis heute strikt gehodlt hätte.

3. Siacoin

Diesen habe ich ebenfalls vor dem Hype darum gekauft und konnte immerhin zeitweise 350% Gewinn verzeichnen. Auch hier ist die Gesamtsumme nicht sonderlich hoch, also sah ich keinen Grund, bei 800 Satoshi den Gewinn mitzunehmen. Auch weil mein break even Preis so niedrig ist, dass ich nicht damit gerechnet habe, dieser würde nochmal unterschritten. Inzwischen weiß ich es besser und stehe auch bei diesem Coin in der Verlustzone. Das raubt mir hauptsächlich wegen der kleinen Summe nachts nicht den Schlaf, und ich bin auch (noch?) nicht so tief in den Verlusten, dass sich das Blatt nicht wieder wenden könnte. Aber auch hier: wäre ich frühzeitig in Panik verfallen und hätte einfach verkauft könnte ich für den jetzigen Preis die gleiche Menge Coins wieder kaufen und hätte sogar noch ein bisschen was übrig für nen Burger plus Cola. 






So... damit habe ich endlich meinen ersten Artikel hier veröffentlicht, nachdem ich in den letzten Wochen schon einige Male meinen Senf unter anderer Leute Ergüsse gesetzt habe. Mir ist klar, dass ich mit meiner Meinung nicht das Rad neu erfinde, aber mein Frust musste jetzt einfach mal raus, nachdem ich es einfach leid bin, immer und immer wieder die Anweisung zu lesen, dass man bloß halten soll, komme was wolle. 

Sort:  

Hallo @outtrade,
Willkommen bei Steemit !

Leider bist du nicht die einzige Person wo diesen Fehler gemacht hat. Ich habe ebenfalls Verluste gemacht mit die von dir genannte SC, DGB, und andere auch.
Zum Glück, würde ich sagen, betrachte ich das ganze als ein Hobby, und stecke nicht viel Geld rein, aber trotzdem ein Paar Euro sind hier oder da mal weg.
Trotzdem, der Kauf von ein Paar mBTC mitte Juli, wo es bei etwa 1850€ / BTC Lag, und der aktuelle Kurs bringt mich auf 0, trotz Verluste bei andere kleinere Coins.
Wünsche dir eine angenehme Steemit Erfahrung !

Hallo @thefallen35, willkommen auf Steemit. Wenn Du Fragen zu Steemit hast, oder Dich mit anderen deutschen „Steemians“ austauschen magst, schaue einfach mal in unserem Chat vorbei: https://steemit.chat/channel/deutsch

Vielen Dank für den Willkommensgruß :)

Ich vermeide es ebenfalls, tatsächlich Geld in dieses Hobby zu stecken. Ich investiere hauptsächlich den Gewinn, den ich durch Bitcoins gemacht habe, indem ich mit denen einfach gar nichts gemacht habe.
Dadurch schmerzt mich zwar der Verlust beim Ripple innerlich extrem, andererseits ist das kein Geld, das ich tatsächlich verloren habe, weil ich es auch nicht hätte, wenn ich damals meine paar Kröten auf dem Girokonto (für 0% Zinsen) gelassen hätte. Ganz vermeiden lassen sich Verluste wohl nie, aber solange man zwischendurch zumindest eine wirklich gute Investition tätigt kann das die Verluste allein schon wieder ausgleichen. Ich bin zumindest überrascht und natürlich begeistert, dass ich trotz einiger Verluste andererseits auch auf einem guten Weg bin, ein kleines(!) Vermögen aufzubauen, von dem ich vor 2 Jahren nicht mal zu träumen gewagt hätte. Ich glaube, außer im Bereich der Kryptowährungen ist das in der heutigen Zeit mit so kleinen Einsätzen nicht mehr möglich.

Da hast du Recht, mit die 0% Girokonto ( oder sogar -% was demnächst kommen soll).

Also ich finde es so, das jetzt es schon zu spät ist, und man hat den Zug schon seit eine Weile verpasst, aber trotzdem, ein besseres ( und nicht so gefährliches) Hobby als andere.

Ich glaube nicht, dass der Zug bereits abgefahren ist. Klar, wenn man vor 2-5 Jahren investiert hätte hätte man erheblich mehr Gewinn machen können. Und wer vor 15 Jahren Appleaktien für 1,xx € gekauft hat hat auch wesentlich mehr Gewinn gemacht als die, die bei 50, 75 oder 100€ eingestiegen sind. Aber wer bei 100€ eingestiegen ist wird mit seiner Investition trotzdem zufrieden sein. Und der Bitcoin hat trotz seines schon hohen Preises seinen Wert allein in diesem Jahr vervierfacht, wer vor 3 Monaten investiert hat seitdem allein 86% Gewinn gemacht. (Dazu noch die geschenkten BCH, die immerhin pro Stück derzeit 530€ wert sind.)
Die 3000€, die der BTC längst geknackt hat, sollte er Prognosen zufolge frühestens gegen Jahresende – vielleicht! – erreichen. Andere Prognosen gehen davon aus, dass er in wenigen Jahren 50.000€ wert sein könnte – und eigentlich finde ich das eine ziemlich abgedrehte Vorstellung... andererseits halte ich es inzwischen tatsächlich nicht mehr für ganz unrealistisch. In dem Vergleich ist der aktuelle Kurs noch immer ein Schnäppchenpreis.

Ansonsten gibt es noch einige andere Coins mit sehr viel Potenzial nach oben, zB NEO mit an die 2400% Plus in den letzten 3 Monaten und im Moment trotzdem noch moderatem Preis. Oder TenX, der im Moment unter 3 Euro zu haben ist und eine vielversprechende Zukunft haben dürfte.

Statt sich zu fragen oder darüber zu ärgern, welche Chancen man bereits verpasst möchte ich mich lieber auf die Chancen konzentrieren, die noch kommen, denn insgesamt ist der Zug Kryptowährungen ganz bestimmt noch nicht abgefahren.

Und so eine Einstellung muss man auch haben !
Sich nicht auf vergangene / verpasste Sachen konzentrieren, sondern auf die Zukunft !
Weiter so !

Hallo @outtrade !

Dies ist eine automatische Nachricht.

Anscheinend hast Du das erste Mal auf #deutsch geschrieben.
Willkommen bei Steemit !
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Ich kenne mich mit alle den Kryptowährungen nicht sonderlich aus; im Prinzip ist da hier mehr oder weniger mein erster Kontakt. Mit Bitcoin hatte ich auch noch nichts zu tun. Ja, ich hab noch nicht mal ein Paypal-Konto und bezahle an der Kasse im Supermarkt gerne mit Bargeld. Oldschool oder? Jedenfalls habe ich, bevor ich mich hier angemeldet habe, einiges über die Steems gelesen, wie man wo was in welche anderen Einheiten umwandeln kann, wann es sich lohnen würde, die einzelnen Einheiten zu halten oder in etwas anderes umzuwandeln...jeder hat eine eigene Meinung dazu. Man findet zig Erfahrungsberichte und Blogs, wo (mehr oder weniger) IT-Profis ihre Ansichten dazu preisgeben....teilweise widerspricht sich das auch; was der eine empfiehlt, davon rät der andere ab. Und letztlich kam ich zu dem Schluss, es einfach auszuprobieren und zu schauen, was passiert. Ob ich damal irgendwas macht, was taktisch nicht klug war - dann ist es eben so. Und Du hast ja auch einiges ausprobiert, Deine eigenen Erfahrungen gemacht...vielleicht ist das einfach der Königksweg: abseits von irgendwelchen Ratschlägen das austesten, was funktioniert?

Ich bin ebenfalls eher oldschool und ziehe zB Bargeld ganz klar dem Plastikgeld vor. Fühle mich damit an der Kasse aber immer mehr wie ein Dinosaurier... wenn alle vor mir die Karte zücken, selbst wenn sie nur 2,40€ zu bezahlen haben.

Ich bin in das Thema Kryptowährungen irgendwie „reingerutscht“, obwohl mir das alles eigentlich gar nicht liegt. Vor längerer Zeit habe ich ein bisschen Geld in Bitcoin investiert – aus heutiger Sicht natürlich viel zu wenig, aber damals habe ich nicht so recht an seinen Erfolg geglaubt. Umso erstaunter war ich dann über den enormen Wertzuwachs und irgendwann habe ich mir dann gedacht, ich könnte ja einen Teil des Gewinns „sinnlos verbraten“, indem ich ihn in andere Coins stecke. Wie gesagt wollte ich eigentlich kaufen und einfach halten, wie ich es mit dem Bitcoin getan hab. Wäre der Ripple nach meinem Kauf langsam und stetig gestiegen statt dermaßen abzurutschen wäre es dabei vermutlich auch geblieben. Aber sein Kursverlauf brachte ich mich eben dazu, mich mehr mit den Hintergründen und Potenzialen der Coins zu beschäftigen, um einfach so einen Fehler nicht zu wiederholen. Dadurch folgte dann zwangsläufig die Parallele zur normalen Börse, Kursverläufen und Chartsignalen usw.

Ich stehe allerdings noch ziemlich am Anfang und bin weit entfernt davon, ein Profi zu sein – bzw tatsächlich Ahnung davon zu haben, was ich da eigentlich tue. ;) Eben deswegen fand ich es wichtig, darauf hinzuweisen, dass HODL mMn nicht unbedingt die beste Strategie ist, denn meine Verluste habe ich ja überwiegend dadurch gemacht, auf dieses ständig vorgebetete Mantra zu hören. Von mir selbst aus wäre ich wahrscheinlich bei jedem meiner Beispiele frühzeitig in Panik verfallen und hätte mitgenommen, was ich noch hatte, aber als Anfänger hört man eben auf die, die von sich behaupten, es besser zu wissen. So lernt man eben dazu und vielleicht lernt jemand durch meine Erfahrung, frühzeitig auf seinen eigenen Bauch zu hören.

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Hi, schön das du hier auf Steemit gelandet bist.
Ich finde deinen Artikel super spannend. Hab noch absolut null Plan von der ganzen Cryptowelt und da hilft es mir definitiv, wenn jemand wie du seine Erfahrungen weiter gibt.

Ich freu mich auf weitere Artikel von dir.

Danke, das lese ich gern. :)
Ich bin zwar nicht sicher, ob es tatsächlich noch einen 612. Blog zum Thema Kryptowährungen braucht, denn im Internet und gerade hier auf Steemit gibt es dazu ja eigentlich schon Infos zu Hauf. Bloß hat das leider oft den Tenor von Nerds unter sich... was ich einerseits für mich interessant finde, um dazu zu lernen, andererseits aber auch schade, weil ich mich noch gut daran erinnere, wie hilflos ich anfangs vor dem Thema stand.
Ich zB brauchte 3 Versuche (über mehrere Monate), bis ich mich getraut habe, tatsächlich Bitcoins zu kaufen. Beim ersten Mal verstand ich nur Bahnhof und gab recht schnell auf, beim zweiten Versuch (mit den Vorkenntnissen) glaubte ich zwar, es ausreichend erfasst zu haben, aber nicht genug, um da wirklich Geld reinstecken zu wollen. Und erst beim dritten Mal – der Kurs hatte sich inzwischen auf unterem Hunderterniveau verzweieinhalbfacht – hab ich es dann tatsächlich gewagt, das Procedere mit Verifizierung und Kauf durchzuziehen. Die ganze Zeit mit dem miesen Gefühl, mich selbst zu verarschen, indem ich Euros irgendwo hinschicke und dafür „irgendwas“ zu bekommen erwarte. Es hatte den Touch einer Spammail, „schicke 1000€ an den Notar in Nigeria um die riesige Erbschaft eines Onkels zu bekommen, von dem du noch nie was gehört hast“.

Heute weiß ich es besser und dieses Risiko einzugehen war mit Sicherheit eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Aber damals... hätte es mich auch nicht gewundert, wenn mein Geld einfach weg gewesen wär und man mir hinterher gesagt hätte „selbst schuld, dass du auf sowas reinfällst“.

Ja ich machs umgekehrt, ich erarbeite mir bitcoins und tausch die dann erst mal in Euro um :D
Ich find schon das es noch einen Blog brauchen kann, weil jeder auf seine Art erzählt und ich mag deine sehr :)

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