"Ich bin Diaspra"//(25) Kapitel 3: Teil 3

...

Mirabella hörte mir gespannt zu und unterbrach meinen Redeschwall gelegentlich, um Dinge die sich nicht ganz verstanden hatte noch einmal zu erfragen.
Jack hingegen lauschte meinen Ausführungen ruhig und unnahbar. Wie immer... Ich hatte den ehemaligen Polizisten so bereits auf Aeles Heaven kennen gelernt. Er war nur schwer aus der Ruhe zu bringen und eher schweigsam, was ihn nicht selten arrogant und überheblich wirken ließ, wenn man ihn nicht besser kannte.
Ich jedoch wusste, dass er eigentlich ein netter Kerl war.

Als ich meinen Bericht beendete brannte ich darauf zu erfahren, was meine Freunde in den letzten Tagen an Bord der Immortal erlebt haben und wie sie die Evakuierung letztlich einigermaßen koordiniert überstanden hatten. Nicht nur ich hatte Menschengruppen von Aeles Heaven zu den bereitstehenden Raumschiffen gebracht und entsprechend verteilt, Jack, Mirabella und einige andere hatten mir dabei geholfen und ihrerseits Gruppen aus der Gefahrenzone an Bord der kleinen Schiffe gebracht, darauf bedacht, möglichst keine Panik ausbrechen zu lassen.

Letztlich war es uns irgendwie gelungen, das Chaos möglichst gering zu halten. Auch wenn wir traurigerweise nicht alle Einwohner von Aeles Heaven hatten mitnehmen können. Dafür blieb weder die Zeit, noch hätte Nathaniel dem zugestimmt.
Anfangs war ich ihm deshalb ein wenig böse, mittlerweile hatte ich seine Einwände jedoch verstanden. Die Crew der Immortal musste beinahe einen gesamten Monat für die Passagiere sorgen und Platz war auch nicht endlos vorhanden, obwohl die Immortal das größte künstlich geschaffene Objekt war, dass ich jemals in meinem Leben gesehen habe.

Mirabella riss mich aus meinen trüben Gedanken.
„Sagtest du nicht, du bist mit deinem Bruder zum Essen verabredet? Ich glaube, wir sitzen schon viel zu lange hier und quatschen, nicht dass du zu spät kommst...“
Ich erschrak und hob reflexartig meinen Arm – Mist, keine Uhr. Dann fiel mir ein, was Danaemes mir zu meinem Edae erklärt hatte.
Es stellte die Verbindung zur künstlichen Intelligenz des Schiffs dar, also könnte es mir sicher auch die Uhrzeit mitteilen.

„Computer...“ begann ich daher und kam mir ein weiteres Mal ein wenig albern vor. Ich saß in einer riesigen Halle voller Menschen und sprach mit einem Armband? Peinlich...
„...wie spät ist es?“
Der Bordcomputer reagierte prompt und gab mir neben der asgeanischen Zeit auch durch, wie spät es aktuell auf
Aeles Heaven wäre. 18:30 Uhr.
Verdammt, Mirabella hatte Recht! Ich musste mich wirklich beeilen um zumindest halbwegs pünktlich um 19 Uhr in Nathaniels Quartier anzukommen. Wahrscheinlich musste ich mich vorher noch umziehen um angemessen beim Abendessen zu erscheinen.

Wie hatten wir nur solange hier sitzen und reden können? Trotz des insgesamt eher unangenehmen Ambientes hatten wir einen tollen Nachmittag der im Flug verging, wie ich irritiert feststellte. Dabei hatten wir doch nur gequatscht und ein bisschen herumgealbert...
Fest stand jedenfalls, dass wir dies unbedingt so bald wie möglich wiederholen mussten. Dann am Besten in meinem eigenen Quartier und in Ruhe. Das würde ich gleich mit Nathaniel besprechen.
Dass er erst alle Menschen überprüfen lassen wollte verstand ich zwar, doch von meinen besten Freunden ging wohl kaum Gefahr aus, das musste selbst Nathaniel zugeben, hoffte ich.

Ich verabschiedete mich von Mirabella und Jack, die mich noch bis zum Ausgang begleitet hatten und machte mich auf den Weg zurück zum Deck auf dem sich mein Quartier befand. Dieses Mal ließ ich mich gleich vom Schiffscomputer navigieren und versuchte gar nicht erst, alleine herumzuirren um markante Punkte wieder zu erkennen und den Weg auf eigene Faust zu finden.
Das musste bis zum nächsten Besuch warten, dafür blieb jetzt keine Zeit mehr.

Dank der zuverlässigen Hilfe der künstlichen Intelligenz erreichte ich mein Quartier in nur einem Bruchteil der Zeit, die ich für den Hinweg am Nachmittag benötigt hatte.
In meinem Hauptraum, dem Wohnzimmer, angekommen, erwartete mich eine angenehme Überraschung. Danaemes hatte bereits ein passendes Kleid für das Abendessen bereitgelegt und mir eine kurze Notiz hinterlassen. Nichts Großartiges, nur der Hinweis, dass dies ein angemessenes Kleid für den heutigen Abend wäre und sie sich denken konnte, dass ich in Eile wäre.

Ich war froh über die Möglichkeit, wertvolle Minuten einsparen zu können und nahm mir vor, mich später für ihr Vorausdenken zu bedanken.
Schnell schlüpfte ich in das neue Kleid. Zwar stellte ich keinen großen Unterschied zu dem fest, dass ich den gesamten Tag über getragen hatte, doch Danaemes hatte sich etwas dabei gedacht. Irgendwann würde ich den Ynaer'i Dresscode hoffentlich auch verstehen.

Pünktlich um 19 Uhr stand ich vor Nathaniels Tür und bat – auf die Sekunde genau – um Einlass. Lange musste ich nicht warten, sofort wurde ich hereingebeten und begrüßt.
Allerdings mit verkniffener Miene. Mein Bruder schien schlecht gelaunt und schweigsam. Er nickte mir zu und bedeutete mir, mich auf meinen Platz zu setzen, dann begann er, seinen Teller mit allerlei Köstlichkeiten zu beladen.

Es gab die gleiche riesige Auswahl wie gestern. Wieder hatten die Ynaer'i keine Mühen gescheut, uns ein wahrhaft opulentes Mahl zu zaubern.
Vorsichtig begann auch ich, mir aufzutun und beobachtete Nathaniel vorsichtig.

Möglicherweise war es kein guter Zeitpunkt um ihn auf Wechselkleidung für Mirabella anzusprechen oder gar nach einer Erlaubnis zu fragen, dass meine Freunde mich außerhalb des Frachtraums besuchen durften...

...

---

Prolog	Kapitel 1	Kapitel 2	Kapitel 3
Teil 1	Teil 6	Teil 16	Teil 23
Teil 2	Teil 7	Teil 17	Teil 24
Teil 3	Teil 8	Teil 18	Teil 25
Teil 4	Teil 9	Teil 19	Teil 26
Teil 5	Teil 10	Teil 20	Teil 27
*	Teil 11	Teil 21
*	Teil 12	Teil 22
*	Teil 13
*	Teil 14
*	Teil 15