Man kann nicht vor sich selbst weglaufen -oder- all in, wieder einmal

Vor einigen Tagen bin ich hier in Phuket angekommen mit dem Plan, Abstand zu schaffen, die geschundene Seele baumeln zu lassen und bei einer angenehmen Beschäftigung heraus zu finden, was ich mit den nächsten Jahren anfangen will.

Phuket deshalb, weil ich hier vergangenen November/Dezember den mit Abstand schönsten Urlaub erleben durfte. Ich war jeden Tag tauchen, musste mich niemandem anpassen, hatte keinerlei aufgeschobene Aufgaben zu erledigen und das Klima sowie das Essen ist einfach nur gut. Zudem sind die Thais wirklich so, wie man sie beschreibt. Sie sind keine besseren Menschen, aber sie tun alles mit einem Lächeln, was jeden Kontakt leichter , angenehmer macht - und einem selbst zum Nachahmen anhält.

Der erste Tag war logischerweise diesmal etwas anders, ich musste mich um eine bezahlbare Unterkunft und fahrbaren Untersatz kümmern, wobei ich selbstlose(!) Hilfe von thailändischen Freunden hatte, bei denen ich auch die erste Nacht geschlafen hatte.
Eigentlich haben die das Haus gefunden, die Miete ausgehandelt, den Mietvertrag vermittelt und beim Moped ähnlich.

Der Tag ging dann drauf mit shopping, von der Bettwäsche bis zum Putzwerkzeug, vom Wasserkocher bis zum Besteck, eben alles, was man so braucht.
Manchmal musste ich mir das Schmunzeln verkneifen, zum Beispiel hier, als mir ein Verkäufer mit großer Hingabe und Ernsthaftigkeit den Gebrauch eines Wischmobs erklärt.

Als dies alles erledigt war, gab es eine spontane Einweihungsfeier und wieder einmal war ich überzeugt, einen Schritt in die richtige Richtung gemacht zu haben.

Versucht mal hier Waschmittel von Weichspüler und Kaffeeweißer zu unterscheiden, geht nicht, alle Verpackungen sehen hier aus wie eine Mischung von Nimm2, Haribo und Schlankheitsdrinks, von der Sprache mal abgesehen.

Ohne Hilfe geht da gar nichts, denn der "normale Thai" spricht auch hier in der Touristengegend mit Glück nur soviel englisch, dass es nur für einen guten Tag und guten Weg reicht, aber mit einem glaubwürdigen Lächeln.

Irgendwann war alles erledigt und der Tag zu Ende. Am nächsten bin ich zur AO-Sane beach gefahren, zu Armins divecenter, dem einzigen Strand mit Korallenriff direkt davor in Phuket.
Kurz Hallo zu Flo gesagt, eine Weile geklönt, das Tauchgerassel angelegt und ins Wasser... und es war so , als wäre ich nie weggewesen, als wäre ich immer noch im Urlaub.

Der langfinnige Batfish hat mich wieder ein Stück begleitet, hat wieder geduldig auf mich wartet, als ich mich von einem Schwarm kleiner Barracudas umkreisen ließ, folgte mir auch wieder bis zu der großen pilzförmigen Koralle, wo unglaublich viel Leben ist. Nach 10 Minuten im Wasser hatte ich buchstäblich alles verdrängt, was mich die letzten Wochen beschäftigt hat.

Unterwasser, das ist eine komplett andere Welt. Ich habe das Tauchen erst letzten Sommer für mich entdeckt, anfangs noch als Gegenwehr zum verregneten Sommer, dann zunehmend als Hobby...und auch ein wenig als Flucht vor meinem ziemlich ereignislosen Leben da. Und weil ich gerne beherrschen will, was ich tue, habe ich letztes Jahr nicht nur den Open Water Diver bei SSI gemacht, sondern auch viele zusätzliche Kurse, bis hin zur ersten Hilfe und zum Rescuediver, eben soweit ich es als nützlich und sinnvoll ansah.
Heute kann man schon sagen, ich betreibe dies schon intensiv; in den 190 Tagen seit dem ersten Tauchgang war ich 80 Mal im Wasser, also rund jeden zweiten Tag, statistisch gesehen. Aber was solls, Joggen geht man ja auch jeden Tag.

Ich verzettel mich schon wieder

Da war ich also wieder an meiner und in meiner Lieblingsbeach, ging zwei bis dreimal am Tag tauchen und beobachtete den Rest der Zeit Ebbe und Flut. Allerdings ging das nicht lange gut.
Ich wusste noch vom Urlaub, dass Armin, der Besitzer der Tauchbasis aufgrund einer Erkrankung mehr ab- als anwesend ist und das Sprichwort:" Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch" auch hier zu traf. Damals hat mich das nicht gestört; ich hatte eine Schlüssel zur Tauchbasis und konnte kommen und tauchen, wann ich wollte.
Jetzt mit dem Hintergedanken eines unbegrenzten Aufenthalts hier und angesichts der Tatsache, dass mich jeder Tauchgang 1000 Baht kostet, sah ich das aus einem anderen Licht. Ich könnte ja hier ein wenig aushelfen. Armin wäre geholfen, wenn er einen zuverlässigen Mitarbeiter hätte und würde mehr verdienen und ich könnte gratis tauchen; so simpel habe ich mir das ausgemalt. Nur ist die Realität nicht so simpel; ich habe weder eine Profilizenz noch Arbeitserlaubnis. Aber es gab einen Ausweg, ich könnte ja die Lizenz zum Divemaster machen.

Divemaster ist die erste Stufe, wenn man das Tauchen zum Beruf machen will. Da lernt man so ziemlich alles, vom Basis putzen über die Pflege und Reparatur der Ausrüstung bis hin zur Tourplanung und Durchführung, inclusive Assistieren der Instruktoren (lizenzierte Tauchlehrer) bei der Ausbildung von Tauchern. Eben alles, was in einem Tauchgeschäft anfällt, ausgenommen dem Prüfen von Tauchschülern.
Mädchen für alles eben.

Und da ich diese Ausbildung bezahle, bin ich eben ein Tourist, der eine Ausbildung macht und niemand, der hier illegal arbeitet. Klingt komisch, ist aber so.
Seit 7.2. bin ich nun in Ausbildung, mindestens 8 Wochen wird sie dauern und mein Touristendasein ist mittlerweile eine verblassene Erinnerung. Statt jeden Morgen um 9 beim ersten Tauchgang den Fischen einen guten Tag zu wünschen, trainiere ich zu dieser Zeit Schwimmen mit und ohne Flossen und mit und ohne Maske und Schnorchel, um die Prüfung dafür zu schaffen, nachdem ich die Basis gefegt habe. Den Tag über bringe ich Touristen mittels Schnuppertauchen das Tauchen nahe oder führe als Guide Taucher durch die Korallen, ersteres immer unter den Augen eines Instruktors, der dafür relativ antriebslos im Wasser herum dümpelt und sich wahrscheinlich die besten und treffendsten Kritikpunkte und -formulierungen überlegt.
Falls mal keine Touris da sind, verkaufe ich den nächsten ebendies oder Bootstouren und lerne nebenbei, wie mal die Ausrüstung pflegt und repariert. Irgendwann ist dann fast dunkel, ich habe alles sauber und trocken aufgeräumt und kann abschließen, nachdem ich das Kassenbuch aktualisiert, die Akkus in der Ladestation und die Papierkörbe leer habe.
Dann, nach einem Zwischenstop an meiner geliebten Fruchtbar und nachdem ich mir etwas zu essen gekauft habe, beginnt der theoretische Teil, jeden Abend zwei drei Stunden.

Irgendwie schaffe ich es immer wieder mir etwas mehr aufzuladen als ich schaffen kann. Ab und an einen Post schreiben will ich ja auch noch und meine Videos sind auch noch nicht bearbeitet und und und...
Mann kann eben nicht aus seiner Haut oder vor sich selbst weglaufen.

Aber tauchen kann ich jetzt mehr als genug,

auch wenn es jetzt häufiger als Guide für tauchende Touristen ist. Deren strahlende Gesichter nach einem gelungenen Tauchgang oder dem ersten überhaupt.....das hat schon was.