Krebsbekämpfung: Salmonellen gegen Tumore
In letzter Zeit hat man ja auch schon in den Nachrichten von einer angeblich neuen Immuntherapie gehört. Bei dieser werden die weißen Blutkörperchen so genetisch modifiziert, dass die Leukozyten plötzlich auch Krebsgewebezellen erkennen und attackieren können. Im Lichte dieser neuen Erkenntnis wurde fast ein weiterer bedeutender Weg völlig übersehen. Modifizierte Darmbakterien können auch Immunzellen dazu anregen, Krebszellen zu zerstören. Ich habe mir diese wissenschaftliche Erkenntnis heute für euch etwas näher angeschaut.
Der menschliche Körper besteht aus etwa 100 Billionen Zellen. Diese Zellen leben aber nicht ewig, denn in jeder Sekunde sterben rund 50 Millionen Zellen ab. Zudem werden auch im selben Zeitraum etwa gleich viele neue Zellen produziert, allerdings etwas weniger als absterben. In diesem Lichte gesehen erneuert sich somit unser Körper ständig. Dabei entstehen zum Beispiel in einem Jahr so viele neue Leberzellen, dass sie theoretisch für 18 ganze neue Organe reichen würden. Sehr erstaunliche Fähigkeiten also, die unser Körper besitzt.
Wie entstehen Krebszellen?
Da eine umfassende Analyse, wie genau Krebs entsteht, den Rahmen dieses Artikels bei weitem sprengen würde, möchte ich mich an dieser Stelle kurz und einfach halten. Der Ausgangspunkt jeder Krebserkrankung ist unser Erbgut, also unsere DNA. Bei der Replikation von Zellen wird auch unser Erbgut kopiert. Allerdings funktioniert die Vervielfältigung von Zellen nicht immer problemlos.
Zum Glück hat der Körper aber auch ein Reparatursystem („Reparaturgene“) die bei sogenannten Zellmutationen die schadhaften Zellen entfernen oder reparieren können. Allerdings gibt es Momente, wo auch unser Reparatursystem versagt, weil Krebszellen derart mutieren können, dass sie von unserem Immunsystem nicht mehr erkannt werden und somit die kontrollierte Zellzerstörung auch nicht mehr funktioniert. (Danke an @sco für den Hinweis!)
Da somit eine schadhafte Zelle zur Replikation herangezogen wird, artet in Folge das Zellwachstum völlig aus und es entsteht ein unkontrollierter Zellhaufen. Nun ist noch die Unterscheidung zwischen gutartigen und bösartigen Tumoren zu treffen: Während erstere zwar sehr groß werden, können sie sich aber im Gegensatz zu letzteren nicht im Körper streuen, also sogenannte Metastasen bilden. Wirklich gefährlich für den menschlichen Organismus können somit nur die bösartigen Tumore werden.
Die (potenzielle) Lösung…
Neben der schon im beginnenden Absatz erwähnten Immuntherapie fanden die Forscher rund um Jin Hai Zheng und Jung-Juan Min eine neue Methode, um nicht die gesunden Leukozyten, also die weißen Blutkörperchen, sondern Darmbakterien so zu modifizieren, dass Krebszellen zerstört werden.
Bekannt von Brechdurchfällen oder auch der Magen-Darm Grippe sind Salmonellen wahre Wunder. Schon länger bekannt ist, dass dabei die Bakterien Krebs aktiv bekämpfen. Salmonellen lieben es von Natur aus in sauerstoffarmen Umgebungen zu gedeihen, weswegen sie sich auch, erst einmal injiziert, schnell in Krebsgeweben wiederfinden.
Dort platziert, würden Salmonellen bestimmte Botenstoffe aussenden, die eine leichte Immunreaktion hervorrufen, und somit die Leukozyten auf das veränderte Gewebe aufmerksam machen, so die Forscher. Allerdings seien die von den Salmonellen selbst ausgeschütteten Botenstoffe zu unzuverlässig, weswegen nach einem anderen Weg gesucht werden musste. Außerdem bestand ein negativer Nebeneffekt darin , dass die Tiere durch die große Anzahl an Salmonellen zu Tode kamen.
Doch erst vor kurzem entdeckten die Forscher eine Lösung: Sie verwendeten einen modifizierte Form des Salmonellenstamms Salmonella typhimurium, der nicht mehr zu Erkrankungen führen konnte. Um die Salmonellen wirkungsvoller einsetzen zu können, wurden dabei die Bakterien mit einem Gen der Vibrio Geisel ausgestattet. Vibrio Bakterien finden sich hauptsächlich in Salzwasser und werden beispielsweise mit ungekochten Meerestieren in Verbindung gebracht.
Die mit dem Vibrio Gen ausgestatteten Salmonellen waren danach im Stande, das Protein Flagellin B auszuschütten, dass starke Immunreaktionen hervorrufe. Die Salmonellen fanden sich anfangs nicht nur in Krebsgeweben wieder, sondern auch in Milz und Leber. Erstaunlicherweise verringerte sich aber nach ein paar Tagen die Anzahl von Salmonellen in den gesunden Organen und die Ansammlung in den Krebszellen nahm zu. Scheinbar wussten die modifizierten Bakterien letztendlich genau, wo sie hin mussten.
Dies war der richtige Moment, um mittels des eingebauten Genschalters Arabinose die Flagellin B Ausschüttung zu starten. Die Ausschüttung machte die Immunzellen auf das veränderte Gewebe aufmerksam. Dabei wurden Signale von dem veränderten Gewebe ausgesendet, die Makrophagen und Neutrophile anlockten, die anschließend das Krebsgewebe attackierten. Auch die Bildung von Metastasen wurde erheblich verringert.
Gesunde Organe wurden aufgrund der geringen Konzentration nachweislich nicht geschädigt. Die Behandlung selbst führte aber nur zu bedingtem Erfolg: Von 20 Mäusen wurden 11 zur Gänze geheilt. Bei anderen Mäusen wurde zwar die Krebsbildung unterdrückt, als die modifizierten Salmonellen allerdings die Flagellin B Ausschüttung stoppten, begann der Krebs bei den nicht zur Gänze geheilten Mäusen wieder zu wachsen. Anscheinend wurden durch die Verhinderung der Ausschüttung die Krebszellen wieder unsichtbar, sodass sie das Immunsystem nicht mehr erkennen konnte. In Anbetracht des nur mäßigen Erfolgs sind die Forscher schon wieder daran, ihre neue Therapie zu optimieren.
Quellen:
http://www.spektrum.de/frage/wie-viele-zellen-hat-der-mensch/620672
https://derstandard.at/2000052384640/Tumoren-Aus-Salmonellen-Medizin-machen
https://derstandard.at/2000066521463/Mit-Salmonellen-gegen-Krebs
Habt ihr von diesen neuen Erkenntnissen schon gehört? Ich freue mich über eure Kommentare! :-)
euer @infinitelearning
Danke für den interessanten Post, das scheint wirklich eine vielversprechende Therapie zu sein.
Das find ich nichtmal so mäßig, das kann bei manchen Tumorarten schon eine recht gute Heilungsrate sein.
Ein paar kleine Nachbesserungen schlag ich dir trotzdem vor:
S. typhimurium ist DIE krankheitserregende Salmonellenspezies. Was du wahrscheinlich meinst, ist, dass sie einen Stamm von S. typhimurium verwendet haben, der extra so modifiziert wurde, dass er nicht mehr pathogen wirksam ist.
Vom "Tarnen" hab ich noch nie gehört, ist aber möglich dass ich da nicht zu 100% im Bild bin. Was ich aber weiß, ist, dass Hauptmechanismus folgender ist:
Das intrazelluläre Reperatursystem versagt, weil es in der Tumorzelle gerade in den Genen zu Mutationen kommt, die für das Erkennungs/Reperatur-system zuständig sind. D.h. die inneren Kontrollmechanismen sind in der Krebszelle deaktiviert, und daher findet auch der kontrollierte Zelltod, der normalerweise bei DNA-Schäden eingeleitet wird, nicht mehr statt.
Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar, ich habe deine Verbesserungsvorschläge bereits eingearbeitet. :-) Freut mich, dass dir der Artikel gefällt! Liebe Grüße und Alles Gute, @infinitelearning
Er meinte vermutlich den generellen immune Escape mechanism also die Immunevasion , was in deutschland manchmal als "tarnkappen krebs" bezeichnet wird.
@infinitelearning das geht aber glaube ich eher aus dem hervor, was sco beschrieben hat im Gegensatz zum molekular Mimikri wo die Evolution als Designer den Viren solche mechanismen gab um sich als "körpereigen" auszugeben. Bin da aber auch nicht mehr ganz im Bilde
https://de.wikipedia.org/wiki/Immunevasion
super geschrieben und sehr spannendes Thema, resteem
interessanter Artikel. Ich habe noch nichts von dieser Methode gehört, bin aber gespannt ob es zu einer klinischen Studie kommt nach der Optimierung! resteemed!
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