Trost
Gestern war ich mal wieder bei der "Dicken Marie" in Berlin Tegel. Das ist ein 800 Jahre alter Baum. Es war schon kurz vor der Dämmerung. Nur eine einzige Frau saß dort auf einer Bank und weinte. Ich sprach sie nicht an, weil ich sie nicht stören wollte. Ich hatte das Gefühl, sie wollte dort eine Last an den Baum abgegeben. So kam mir die Idee, einen Brief zu schreiben, einen Brief dessen Absender der Baum ist.
Liebes Kind,
ich spüre, dass du an mich geglaubt hast, dass du mit deinem Herzen hierhergekommen bist, um Trost zu finden. Schon seit Jahrhunderten kommen die Menschen zu mir, einige voll Hoffnung, andere voller Schmerz. Auch wenn ich nichts sage, wachse ich hier still und höre zu. Ich nehme alles auf, was du fühlst, was du denkst, wie ein uralter Spiegel, der jede Jahreszeit kennt, jedes Geräusch, das der Wind über die Wellen des Sees trägt.
Ich habe viele kommen und gehen gesehen. Menschen wie du, die zu mir kommen, wenn sie schwer tragen. Manche haben mir ihre Geheimnisse anvertraut, andere die Schatten ihrer Seele. Und ich höre. Denn ich bin schon hier, seit die Menschen, die Steine aufeinander stapelten, noch nicht einmal deine Sprache sprachen. Ich bin durch Kriege, Dürren, Fluten, Kälte und Stürme gegangen und habe mich in jeder Jahreszeit fest verwurzelt. Das Leben hat mir Härten auferlegt, ja. Und dennoch wachse ich weiter.
Wenn du hier bist, fühlst du vielleicht den Frieden meiner tiefen Wurzeln, die das Wasser der Tiefe finden, das dich nicht satt macht und nicht schmerzt. Wie ich bin, kannst auch du verwurzeln. Lass dir Zeit, liebste Seele, denn Zeit, sie gibt Kraft, ohne dass du sie auffordern musst. Die Wunden, die sich dir ins Herz gegraben haben, können heilen. Lass dich von meinem Schatten kühlen, lass den Wind um dich wehen, als würde er alte Geschichten erzählen, Geschichten von Überleben und von erneuertem Leben.
Und wenn du einmal zurückkommst, erinnere dich daran: Die Stärke, die ich besitze, ist auch in dir. Sie ruht still wie meine Wurzeln, verborgen, aber lebendig. Eines Tages wirst du vielleicht selbst wissen, dass die Schwere des Lebens dich nicht zerstört, sondern dich tief und fest im Leben verankert.
Bleib ein wenig, solange du magst. Dein Kummer sei mit mir. Und wenn du gehst, sei ein wenig leichter, wie die Blätter, die im Herbst von mir zu Boden sinken, bereit für den Kreislauf des Lebens.
In Stille,
Dicke Marie
Die Frau wird diesen Brief wahrscheinlich hier nicht lesen, dennoch werden diese Zeilen hier und dort eine Energie entäußern, die sicher positiv ist.
mega mega schön
tolle worte die geschrieben
tolle gedanken die gedacht
toller trost