"Ein 28. Regime“ — Nein danke. Warum das Volk das nicht will und warum Unternehmen im Land steuer- und rechtskonform bleiben müssen
Die Idee eines „28. Regimes“ — eines optionalen, einheitlichen EU-Rechtsrahmens, den Unternehmen statt des nationalen Rechts wählen könnten — klingt auf den ersten Blick nach Bürokratieabbau und Wettbewerbsförderung. Bei genauerem Hinsehen ist sie jedoch ein gefährlicher Trojaner: Sie schafft neue Schlupflöcher für Kapital und Konzerne, untergräbt nationale Rechts- und Steuerhoheit und läuft dem Demokratie- sowie Gleichheitsprinzip diametral entgegen.
1. Steuerliche Gerechtigkeit statt „Regelwahlrecht“
Wenn Unternehmen wählen dürfen, welchem „Regime“ sie unterliegen, entsteht sofort Incentive-Arbitrage: Firmen werden dort „registrieren“, wo die Regeln am günstigsten sind — bei Steuern, Arbeitsrecht oder Verbraucherschutz. Das bedeutet, dass Gewinne dorthin abfließen, wo der Staat am wenigsten abschöpft, während die tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit, die Arbeitsplätze und die Infrastruktur in Deutschland bleiben.
Unternehmen müssen dort Steuern zahlen, wo sie tätig sind — nicht dort, wo es am billigsten ist. Alles andere hebt das solidarische Prinzip unseres Steuerrechts auf.
2. Rechtsgleichheit und der Grundsatz der gleichen Rechtsordnung
Unser Grundgesetz verankert das Gleichheitsprinzip (Art. 3 GG). Ein „Regimewahlrecht“ impliziert jedoch eine Zweiklassen-Rechtsordnung: dieselben wirtschaftlichen Tätigkeiten würden für verschiedene Marktteilnehmer nach unterschiedlichen Rechtsregeln bewertet. Wie lässt sich das mit dem Gleichheitssatz vereinbaren? Es ist schleierhaft.
3. Demokratiedefizit und Legitimation
Wer entscheidet über ein solches „Parallelrecht“? EU-Bürokratie in Brüssel? Wirtschafts-Lobbyisten, die „harmonisierte“ Regeln formulieren? Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger und ihre Parlamente vor Ort werden dadurch marginalisiert. Entscheidungen, die Steuerlasten und Arbeitsstandards betreffen, sind aber gerade Sache nationaler Parlamente; sie stehen in engem Zusammenhang mit sozialer Gerechtigkeit und demokratischer Willensbildung. Ein freiwilliges „28. Regime“ schwächt die demokratische Kontrolle über Wirtschaftspolitik.
4. Sozialer und rechtlicher Dumpingwettbewerb
Die Gefahr linguistisch hübsch verpackter „Harmonisierung“ ist die schrittweise Absenkung von Standards: im Arbeitsrecht, im Mietrecht, bei Verbraucherrechten. Wenn Unternehmen durch Regimewahl Vorteile erlangen, werden Druck und Anreize entstehen, die Standards in Richtung des niedrigsten Nenners zu drücken — ein Wettrennen nach unten, das Beschäftigte, Mieter und Konsumenten ausbaden.
5. Praktische und rechtliche Probleme
Ein Parallelregime schafft Unsicherheit: Gerichte müssten künftig entscheiden, ob nationales oder „28.“-Recht anwendbar ist; Behörden stünden vor Durchsetzungsproblemen; Steuerprüfungen würden komplizierter und teurer. Zudem würde es Schlupflöcher für aggressive Steuerplanung und Gewinnverlagerung eröffnen.
Fazit — die Menschen wollen das nicht
Die Menschen wollen keine neue Jurisdiktions-Fluchtmöglichkeit für Konzerne. Sie wollen, dass Geschäftsmodelle dort besteuert werden, wo gearbeitet, produziert und verkauft wird. Sie wollen, dass geltende Gesetze im Land Anwendung finden und nicht per „Wahlrecht“ ausgehebelt werden. Und sie wollen, dass fundamentale Rechtsprinzipien — Gleichheit vor dem Gesetz, demokratische Rechenschaftspflicht — nicht dem Marktinteresse geopfert werden.
Ein „28. Regime“ ist kein Fortschritt, sondern eine Einladung zur Rechtsoptimierung auf Kosten der Allgemeinheit. Staaten müssen handlungsfähig bleiben; Parlamente müssen entscheiden; Bürgerinnen und Bürger müssen geschützt werden. Alles andere ist ein versteckter Subventionsmechanismus für die, die ohnehin schon mehr Möglichkeiten haben, sich dem Gemeinwohl zu entziehen.

Hat alles Vor- und Nachteile. Mach einen Gegenvorschlag. Also für mich ist das Thema sehr komplex und für die meisten Bürger auch. Da muss man schon halber Wirtschaftsexperte sein.