Erst abkassieren, dann verachten – Warum der Stipendiaten-Protest gegen Merz als Undankbarkeit empfunden wird
Der kollektive Auszug der Stipendiaten während der Rede von Friedrich Merz sorgt zurecht für Empörung. Denn es ging nicht nur um einen politischen Widerspruch – den könnte man respektvoll äußern –, sondern um einen demonstrativen Akt maximaler Verachtung gegenüber genau der Institution, von der viele der Protestierenden unmittelbar profitiert haben.

1. Jahrelang Förderung annehmen – und dann beim Schirmherrn den Abgang machen
Der Vorgang wirkt auf viele deshalb so dreist, weil die Stipendiaten:
- Teil eines Programms waren, das unter der Schirmherrschaft von Friedrich Merz steht,
- finanzielle Förderung, Netzwerke, Sichtbarkeit und institutionelle Unterstützung erhalten haben,
- sich – direkt oder indirekt – auf Kosten genau jener Stiftung haben fördern lassen, die Merz mit seinem Namen repräsentiert,
…und genau in dem Moment, in dem der Schirmherr selbst spricht, demonstrativ den Raum verlassen. Das ist kein stiller Protest oder ein sachlicher Widerspruch – das ist bewusst inszenierte Demütigung.
2. Der klassische Kuchen-und-Spucken-Moment
Die Metapher drängt sich förmlich auf: Man isst den Kuchen, lässt sich feiern – und spuckt dem Bäcker anschließend ins Gesicht. Genau diese Doppelmoral macht den Protest für viele so unerträglich: Man nimmt Geld, Möglichkeiten und Prestige – und demütigt dann öffentlich denjenigen, der das alles ermöglicht hat.
3. Die Selbstwahrnehmung der Protestierenden – und das eigentliche Problem
Die Protestierenden argumentieren, sie wollten sich nicht „instrumentalisieren“ lassen und empfinden bestimmte Äußerungen von Merz als problematisch. Doch wenn man eine moralische Grenze zieht, ist die Konsequenz konsistent zu leben: Förderung ablehnen, Preis zurückgeben oder den Konflikt in einer Weise führen, die nicht die Institution vor laufender Kamera vorführt, von der man profitiert hat.
Wenn man hingegen alle Vorteile annimmt und erst beim öffentlichen Auftritt des Schirmherrn die Bühne nutzt, um maximale Verachtung zu zeigen, wirkt das weniger wie Haltung und mehr wie Selbstinszenierung auf Kosten anderer. Wer wirklich Haltung hat, der gibt das Stipendium zurück und protestiert von außen – nicht von innen, mit vollem Bauch und leerem Anstand. Echte Überzeugung zeigt man, indem man auf die Förderung verzichtet – nicht indem man sie kassiert und dann dem Spender vor laufender Kamera die Zunge rausstreckt.
4. Warum das so stark polarisiert
In konservativen und CDU-nahen Kreisen brennt das Thema besonders, weil es ein größeres Muster berührt: Förderung ja, Vorteile ja, institutionelle Unterstützung ja – aber dann öffentlich moralische Überlegenheit demonstrieren. Diese Mischung aus Undank, performativer Empörung und strategischer Selbstinszenierung macht den Vorgang so toxisch.
Fazit
Man kann Merz kritisieren und seine Aussagen ablehnen. Aber Anstand bedeutet auch, diejenigen, die einen gefördert haben, nicht öffentlich vorzuführen, nachdem man selbst von der Förderung maximal profitiert hat. Genau dieser fehlende Anstand macht die Aktion so bemerkenswert – und erklärt, warum der Vorfall weit über eine bloße politische Meinungsverschiedenheit hinausgeht. Das ist Undank in Reinform.