„Die betrunkenen Bünde auf dem Gitarrenhals“ oder „The True Temperament Fretting System“

in #deutsch7 years ago

Ich beschäftige mich schon seit längerem mit Innovationen im Bereich "Gitarre".

Heute möchte ich euch ein System vorstellen, welches die perfekte Intonation und Stimmstabilität einer Gitarre garantiert - Das True Temperament Fretting System.

Ein normaler Gitarrenhals besitzt eine sogenannte gleichstufige temperierte Stimmung, bei der eine Oktave in zwölf gleich große Halbtonschritte von 100 Cent unterteilt ist.

 

Die Intervalle in der gleichstufigen Stimmung ergeben sich so:

Halbton = 1/12 mal Oktave = 100 Cent

 

Der Abstand zwischen den Bünden ergibt sich bei einer Gitarre aus nur einer Information - und zwar aus der Länge der "leer gespielten" Saite - auch Mensur genannt. Um die Aufteilung der Abstände zu errechnen gibt es unter den Gitarrenbauern einen Divisor/eine Konstante.

Diese Konstante ergibt sich aus der zwölften Wurzel aus 2. Durch das Multiplizieren einer Tonfrequenz mit der zwölften Wurzel aus 2 wird nämlich der nächsthöhere Halbton ermittelt. Die 2 steht für das Schwingungsverhältnis der Oktave 2/1 - also 2.

 

Und welchen Wert hat nun die Konstante?

2^(1/12) / (2^(1/12)-1) = Konstante

1.059463 / 0.059463 = 17,817

 

PPHHUUU wir haben es gleich geschafft mit der trockenen Theorie *hahaha*

 

Nun nehmen wir eine Standardmensur von 25,5" (647,7mm) wie zum Beispiel von einer Gitarrenmarke wie Fender oder Ibanez.

Um für die unterschiedlichen Mensuren die Abstände der einzelnen Bünde zu berechnen, geht man wie folgt vor:

Man teilt die Länge der gesamten Mensur durch 17,817 und erhält damit den Abstand vom Sattel zum ersten Bund. Diesen Abstand ziehen wir von der Mensur ab. Die Länge der "Restmensur" teilen wir abermals durch 17,817, dieser Wert ist dann der Abstand vom 1. zum 2. Bund usw.

Das klingt jetzt alles sehr komplex und hoch mathematisch. Das MUSS ja dann während des Spielens perfekt klingen! Leider nicht...

 

Die physikalischen Parameter werden nicht berücksichtigt.

Wir hängen uns eine Gitarre um. Perfekt eingestellt. Intonation, bundrein, los gehts. Jedoch muss man beachten, sobald man mit seinem Finger die Saite am gewünschten Bund nach unten auf das Griffbrett drückt, dass man die Spannung der Saite verändert. Warum? Weil die oben mathematisch berechnete gleichstufige temperierte Stimmung von einer 0-Position der Saite auf dem Griffbrett ausgeht. Dann kann die Saite aber nicht schwingen und keinen Ton von sich geben - logisch.

Weitere Parameter welche die Stimmung beeinflussen:

  • Dicke der Saite
  • Steifigkeit der Saite
  • glatte oder umwickelte Saite

 

Um das alles zu kompensieren hat sich eine schwedische Firma mit der Thematik beschäftigt und das "True Temperament Fretting System" entwickelt.

Vereinfacht erklärt haben sie jeden "Saite zu Bund"-Kontakt neu berechnet, damit jeder gespielte Ton exakt in der richtigen Frequenz schwingt.

Dadurch ergeben sich diese kurvigen, "betrunkenen Bünde" :)

Ich selbst habe mir einen Hals bestellt und lasse mir von einem Freund, welcher selbst Gitarren anfertigt, einen Korpus bauen. Wenn das gute Stück fertig ist, gibt es sicher einen neuen Eintrag und vielleicht sogar eine kleine Soundprobe auf d.tube.

 

Ich hoffe ich habe euch mit diesem Post unterhalten und jetzt könnt ihr in eurer eigenen kleinen Werkstatt selbst Gitarrenhälse bauen :)

 

liebe Grüße Mattl

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Sehr interessant - ein Video oder mehr Bilder zur Unterstützung der Theorie wäre für die meisten wohl zugänglicher :)

Liebe Grüße und viel Spaß beim Ostereier suchen :)

Wie gesagt... Der Hals ist schon bei meinem Freund. Mehr private Fotos habe ich leider nicht gemacht. Wen es brennend interessiert - auf YT gibt es ein sehr gutes Video vom Gitarristen Mattias Eklundh inkl. Demonstration :)

Sehr kurios! War das auch sicher kein Aprilscherz?

Nein - kein Aprilscherz XD wirklich nicht. Schau dir das YT Video an welches ich in der Kommentarsektion geteilt habe :) LG mattl

Ja, das sollte ich wirklich tun! Leider im Frühjahrs- und Baustress! Aber mich als Gitarrenfreak hast du ja schon voll neugierig gemacht darauf.