Eine Liebesgeschichte und hardcore Fitnesstraining
Meinen Tag beginne ich mit hundert Liegestützen auf zwei Fingern über einem Nagelbett aus glühendem Eisen, während mir mein Ex-US Special Forces Personal Trainer Obszönitäten ins Gesicht schreit. Das ist anstrengend und so ein hartes Training ist schmerzhaft. Um mich von dem Brennen in meiner zum Bersten gespannten Brustmuskulatur abzulenken, denke ich an etwas ganz anderes. Und da ist mir heute eine der berührendsten Liebesgeschichten eingefallen, die ich je gehört habe. Die schreibe ich euch jetzt.
Also wie gesagt; während ich mit meinen Zähnen einen 7,5t LKW barfuß durch eine verschneite Wiese ziehe schweife ich in Gedanken nach Budapest ab, wo ich in einem McDonalds meine Vermieterin zur Mietübergabe treffe. Wir redeten über alles mögliche. Von ihrer ersten LSD Erfahrung, ihrer Kaffeesucht, dem Krieg, den Kommunisten bis hin zu Tabletten, die Knoblauchfahnen unterbinden. (Fun Fact: Die Tabletten funktionieren – bis man rülpst. Dann strömt der unterdrückte Geruch umso vehementer heraus. Aber das nur nebenbei erwähnt.) Jedenfalls quatschten wir über Gott und die Welt und plötzlich waren wir bei ihrer großen Liebe angekommen.
[Foto Pexels.com]
Die große Liebe und der Krieg
Meine Vermieterin Ilona sitzt mit mir bei einem Pappbecher-Kaffee und erzählt mit leuchtenden Augen über ihre große Liebe. Mit ihren 79 Jahren schwärmt sie noch immer wie ein verliebtes Mädchen! Sie trafen sich in den Trümmern die der Weltkrieg hinterlassen hatte. Es war Liebe auf den ersten Blick. Sie taumelten Trunken durch die Tage und Nächte und es war ihnen beiden klar, daß sie füreinander bestimmt waren. Sie schmiedeten Pläne und bauten Luftschlösser und konnten nicht voneinander lassen. Sie würden heiraten und zu ihrer Hochzeitsreise gemeinsam in einer Gondoliere durch Venedig fahren.
Doch auch wenn der Krieg zu Ende war, Ruhe wollte nicht ins gebeutelte Land einkehren. Nun waren die Kommunisten an der Macht und terrorisierten die Bevölkerung. Die Grenzen galt es zu bewachen und die Gefahr einer neuen Eskalation lag in der Luft. Also wurden alle wehrfähigen Männer eingezogen. Der 26. November 1946 brannte sich ihr ins Gedächtnis. Denn an diesem Tage wurde er für neun Monate ins Militär eingezogen. Mit zertrümmerten Seelen verabschiedeten sie sich und schworen aufeinander zu warten. Er würde sie heiraten sobald er zurück kommt und dann fahren sie nach Venedig. Bis dahin sollte jeder für sich ein Tagebuch führen, welches sie dann lesen könnten um zu wissen was der jeweils andere in der Zeit der Trennung erlebt hatte.
Es kam aber anders. Die Zeit verging und Ruhe wollte nicht ins Land kehren. Zwei Jahre waren es nun schon und die Mutter drängte ihre Tochter zur Heirat. Denn zu dieser Zeit war es eine Schande eine unverheiratete Frau zu sein. Tag für Tag redete die Mutter also auf sie ein. «Er hat bestimmt schon eine andere – er wird nicht zurückkommen – Männer sind nunmal so.» Sie hörte auch nichts von ihrem Geliebten ausser der Gerüchte von anderen. So nagten die Worte und Verleumdungen immer mehr an ihr, bis sie selber nicht mehr so ganz daran glauben wollte das er je wieder kommen würde. Immer wieder präsentierte ihre drängende Mutter nun eine „gute Partie“ nach der anderen, bis ihre Tochter, von den Umständen zermürbt, nachgab. Aus einem Missverständnis heraus heiratete sie einen netten, bodenständigen Mann. Beide saßen im Park und er sprach „Ich wünschte auch ich wäre verheiratet“. Ilona verstand aber „Ich wünschte ich wäre mit einer Frau wie dir verheiratet“. Und so läuteten bald die Hochzeitsglocken und mit schwerem Herzen gab sie ihr Ja-Wort. Sie würde nie mit ihrer großen Liebe in einer Gondoliere durch Venedig fahren. Denn das gehört nur den beiden …
[Foto aus http://veritasintezet.hu]
Ilonas große Liebe aber schrieb jeden Tag weiter in sein Tagebuch. Er konnte ihr keine Briefe schicken, da jegliche Kommunikation vom Militär unterbunden wurde. Doch nun war sein Dienst zu Ende und er konnte endlich nach Hause zu seiner Ilona. Angekommen in seiner Heimat fragte er nach ihr nur um zu erfahren, daß sie verheiratet ist. Sein Herz war gebrochen. Und so gab dann auch er mit schwerem Herzen sein Ja-Wort an eine andere Frau. Beide zeugten sie Kinder, lebten ein volles Leben und die Jahrzehnte verdrängten die Erinnerungen.
Jetzt, nachdem ihr Mann schon elf Jahre verstorben war, dachte sie immer öfter an ihre große Liebe und ob er noch am Leben sei. Also stöberte sie im Telefonbuch und fand seinen Namen. Sie nahm allen Mut zusammen und wählte mit zitternden Fingern die Telefonnummer. Als sie seine unveränderte Stimme am anderen Ende der Leitung hörte schmolz sie dahin wie das junge Mädchen von damals. Sie lag förmlich am Boden. Aber sie verriet ihm zunächst nicht wer sie war, sondern gab sich verdeckt als eine Bekannte der alten Clique aus. Nach einer Weile meinte er aber es hätte keinen Sinn zu telefonieren wenn er nicht wüßte mit wem er spreche, und würde auflegen und nie wieder abheben, wenn sie ihren Namen nicht verrät. Sie sagte «hier ist Ilona» und er fiel förmlich vom Stuhl. Sofort verabredeten sie sich.
Zu ihrem Date nahm er alles mit was er 60 Jahre lang von ihr aufbewahrt hatte. Briefe, Fotos – und sein Tagebuch. Sie hatte im Krieg und der Flucht alles verloren und sah nun zum ersten Mal diese Erinnerungen an ein lang vergangenes Leben.
[Foto aus Netzfrauen.org]
Ein ganzes Leben dazwischen
Nach all den Jahren verstanden sie sich immer noch so gut wie damals vor sechzig Jahren. Sie redeten wie ein Wasserfall, lachten, scherzten und es knisterte noch immer. Beim letzten Treffen fragte sie schelmisch wie es denn seiner Frau gesundheitlich geht. «Noch sehr gesund,» erwiderte er lachend. Es war zwischen ihnen als hätte die lange Zeit und das ganze Leben das sie schon führten nichts an ihren Gefühlen verändert. Noch immer standen sie in den Trümmern des Lebens und hatten nur Augen für sich.
Aber es gab da noch die Realität. Er ist noch verheiratet und hatte inzwischen eine Bypass-OP und war gesundheitlich angeschlagen. Er würde wohl früher sterben. Und obwohl sie noch immer verliebt wie am ersten Tage war und ihre Haut beim Gedanken an ihn kribbelte, mußte sie den Kontakt abbrechen. Sie müsse wieder verreisen und weiß nicht wann sie wiederkommen würde, war ihre Ausrede. Es war ihr unmöglich ihm zu beichten wie schwer es ihr fallen würde ihn sterben zu sehen. Die Erinnerung an ihn wie er lebte und wie sie ihn kannte ist was sie behalten wollte. So trennten sich erneut ihre Wege. Und sie fragt sich immer noch wie ihr Leben wohl verlaufen wäre, hätte sie ihn geheiratet.
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Venedig
Ihr Ehemann war ein guter und bodenständiger Mann, den sie aber nie wirklich liebte. Sie bekamen einen Sohn, der heute ein Lehrer aus Leidenschaft ist. Sobald ihr Sohn aber eine Tochter bekam, ging sie in ihrer neuen Rolle auf und verwöhnte ihre Nichte so gut sie konnte. Sie nahm sie mit auf vielen Reisen, damit die Kleine etwas von der Welt sehen kann. Eines Tages flogen sie nach Venedig. Die Stadt in der sie mit ihrer großen Liebe sein wollte. Aber jetzt ist ein ganzes Leben vergangen und ein junges Mädchen ist da um das sie sich kümmern will. Also würde sie mit ihr in einer Gondoliere durch Venedig fahren. Aber just an diesem Tag regnete es aus Kübeln und die Fahrt fiel aus. Sie betrachtete es als ein Zeichen von oben. Die Fahrt war nur für sie und ihre große Liebe gedacht. „Vielleicht wartet eine Gondoliere oben im Himmel auf uns, und dann werden wir dort gemeinsam fahren“. Ilona hatte glänzende Augen gekriegt als sie mir das alles erzählte.
Ob sie noch einmal ihre große Liebe getroffen hat und ob sie gemeinsam nach Venedig sind weiß ich nicht, denn ich zog bald weg aus Budapest. Aber sie erzählte mir ihre wunderbare Geschichte und ich muß noch heute, zehn Jahre später, an Ilona denken.
Aber genug der Rührseligkeiten. Training geht weiter. Ich zerbreche jetzt Steinplatten mit meiner Stirn während ich mir ein Tattoo in die Achselhöhle stechen lasse.
Also so geht das nicht weiter!!!!
Kannst du nicht mal ein paar weniger Artikel schreiben? Das wird jetzt schon auffällig, dass ich immer unter deinen Artikeln schreibe! Sonst wird noch gemunkelt!!!!
Aber ehrlich gesagt kann ich nicht anders. Du schreibst so genial, dass ich deine Artikel auf jeden Fall lesen muss!!! Suchtgefahr! 😅
Was für eine schöne und auch traurige Liebesgeschichte!
Ich kenne natürlich auch Liebesgeschichten, man hat ja hoffentlich welche in seinem Leben. Aber die ist natürlich sehr speziell! Ob man heute auch noch solche Liebesbeziehungen führen kann?
Und jetzt mal nicht schlapp machen!! Der Tag ist noch nicht vorbei!!!
💪💪💪😎
Und, du weißt ja, Fotos bitte!!! Mo*
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nun hab ich n tränchen im auge :-*
hach wie herrllich schön geschrieben...das ist dann mein oster-resteeem for you sweety.
love and light