Zum Nachdenken #1

in #deutsch7 years ago

Ein Märchen

Ich mag ja kleine Geschichten, Sinnsprüche, Märchen oder sonstige Wortsammlungen, die zum Denken anregen. Da ist mir heute ein kleines Büchlein in die Hände gefallen, welches lange in den Spalten meiner Bibliothek verschollen war. Just schnappte ich es mir und setze mich in die schöne Frühlingssonne und las es wieder. Noch immer weckt es in mir das gleiche Empfinden und zwingt mein Gehirn aus seinen verkrusteten Gedankenbahnen. Dieses kleine Märchen über den Ursprung des Bösen gefällt mir sehr und ich teile es hier mit euch. Was sagt es euch?

axt.jpg

Woher kommt das Böse?

Es lebt’ einmal ein Mann,
der sann viel über Weltendinge nach.
Es quälte sein Gehirn am meisten,
wenn er des Bösen Ursprung kennen wollte.
Da konnte er sich keine Antwort geben.
«Es ist die Welt von Gott», – so sagt er sich,
«und Gott kann nur das Gute in sich haben.
Wie kommen böse Menschen aus dem Guten?»
Und immer wieder sann er vergebens;
die Antwort wollte sich nicht finden lassen.
Da traf es sich einmal, daß jener Grübler
auf seinem Wege einen Baum erblickte,
der im Gespräche war mit einer Axt.
Es sagte zu dem Baume jene Axt:
«Was dir zu tun nicht möglich ist, ich kann es tun,
ich kann dich fällen; du mich aber nicht.»
Da sagte zu der eitlen Axt der Baum:
«Vor einem Jahr nahm ein Mann das Holz,
woraus er deinen Stil verfertigt hat,
durch eine andere Axt aus meinem Leib.»
Und als der Mann die Rede hatt’ gehört,
erstand in seiner Seele ein Gedanke,
den er nicht klar in Worte bringen konnte,
der aber volle Antwort gab der Frage:
Wie Böses aus dem Guten stammen kann.

Rudolf Steiner

Könnt ihr es in Worte bringen?

Sort:  

Erstmal eine tolle Geschichte.

Könnt ihr es in Worte bringen?

Man könnte fragen, wie sollte man gut definieren, wenn es keinen Gegensatz, kein schlecht gibt? Es kann nur beides oder nichts existieren. Allein ergibt keins von beidem Sinn. Dann wäre es etwas, aber nichts Bestimmtes... An der Stelle passt auch @parzifal1's Aussage:

Nur zusammen ergibt es ein Ganzes

Ich gebe @akashas aber objektiv betrachtet Recht. So sehe ich die Dinge oft auch. Man sollte nur aufpassen, dass das nicht zu sehr in nihilistischen Ansichten endet... :D

Böse und gut sind nur menschliche Ansichten oder Interpretationen.
Das Universum ist neutral!
Sorry wenn ich Illusionen zerstöre ;-))
Menschliche Liebe in purer Form rar!

TROTZALLEM super coole Geschichte!
Wird resteeeeemed weil schön:-*

Hugs to ya

Moin moin. Das sehe ich genauso :) Wenn ich dieses kurze Märchen lese geht es mir genauso wie beim Lesen der alten Tao-Meister. Ich kann es zwar verstehen, aber erklären könnte ich es niemals.
Persönlich halte ich "Gut" und "Böse" nur für Werkzeuge um etwas erkennen zu können. Ähnlich wie man "Ich" und "Du" sagt um überhaupt seiner Selbst bewußt zu sein. Manchmal ist das "Böse" auch nur ein "Gutes" am falschen Ort.
Hm, ich glaube da schreibe ich mal einen Post drüber …

Und danke nochmal :)

Have a lovely day

Ist nachvollziebar.
Immerhin muss ja das Böse aus dem Guten stammen. Das Wesen des Bösen ist es zu zerstören, zu vertilgen. Daher ist notwendigerweise das Gute die Quelle des Bösen da es andersherum nicht geht.

Doch hat auch @akashas Recht. Eigentlich gehört alles zusammen. Denn nur zusammen ergiebt es ein Ganzes, wie zwei Seiten einer Medaille. Das Problem entsteht dadurch, dass man etwas tut das man nicht sollte. Z. B. jemanden loben der Tadel verdinet. Oder, jenamden tadeln der Lob verdient. So entsteht Unordnung, oder Chaos wie es die Alten nannten.

Und falls du dich jetzt fragst warum Gott das so geschaffen hat.
Wenn man sich den Menschen so ansieht dann ist was seine Bestimmung? Ich denke, es ist die zu lernen! Und um vollkommen zu sein muss man alles berührt haben, von den höchsten Höhen bis hin zu den tiesften Tiefen. Das gilt für jeden Menschen zu allen Zeiten aufs neue.

Anregende Geschichte!
Frohes Osterfest!

Da stimme ich dir zu. Das Chaos in welches wir geraten sind erscheint mir einfach als eine notwendige Zwischenstufe zur Selbsterkenntnis zu höherem Sinn. Quasi ein technischer Kunstgriff. Das ist manchmal schon ärgerlich, geradezu erschütternd, aber wenn man den Blick vom Vergänglichen abwendet und das "Ewige" ins Blickfeld rückt, dann verpuffen die Gegensätze.

Danke für deinen Kommentar und ebenfalls frohe Ostern! :)

Schön.
Warum Worte? Es bedarf keiner Worte!
Es ist das Leben! Geburt und Tod.
Mo*

Da stecke ich auch oft fest. Also bei den Worten. Erklären kann man so etwas nicht, es sei denn man wäre ein fünfdimensionales Wesen … aber halt … dann bräuchte man auch fünfdimensionale Zuhörer … Ach siehste; schon wieder die Worte :)
Aber die Geschichte ist eine schöne und lese ich immer wieder gerne.

Dir noch einen schönen Tag :)