Ride Check (DE) - Untamed @ Walibi Holland - Ein Hybrides Meisterwerk
Dieser Blog ist ein Transcript aus meinem Review Video zu dieser neuen Achterbahn. Wer nicht lesen, sondern lieber Bewegtbild sehen will, der kann jetzt zum Ende des Beitrages scrollen. Dann verpasst du aber ein paar nette Bilder :-).
Park Einleitung:
Am 6. Februar 2018 setzte das Walibi Holland auf dem eigenen Facebook Account einen Post ab, der zu einigen Spekulationen in den Kommentaren führte. Ganz ungeniert bestätigte man in diesem Kommentarverlauf, dass man seine seit 2000 betriebene Holzachterbahn „Robin Hood“ 2019 als Hybrid Umbau von „Rocky Mountain Construction“ wieder eröffnen würde.
(Wildfire @ Kolmarden Djurpark, Sweden)
Die einzige von RMC gebaute Anlage in Europa war bisher „Wildfire“ im schwedischen Kolmarden. Diese jedoch ist nicht nur ein Neubau, sondern nutzt mit dem Topper Track auch ein anderes Schienensystem als wie es für den Umbau in den Niederlanden verwendet wurde. Damit hat man im Walibi Holland nun Europas ersten RMC Hybrid Coaster und den ersten Umbau einer bestehenden Bahn zu bieten.
Robin Hood wird Untamed – Eine Europa Premiere:
(Lifthill Robin Hood)
(Lifthill Untamed)
Das so ein Umbau nicht ohne einen Ride Check von mir von statten gehen darf, sollte selbstverständlich sein. So habe ich mich natürlich auch dieses Jahr wieder aufgemacht um den Thrillpark der Niederlande zu besuchen. Letztes Jahr habe ich mich an gleicher Stelle noch ausgiebig von Robin Hood verabschiedet, welche eine von drei Vekoma Holzachterbahnen war.
(Robin Hood 2018)
Die beiden anderen sind im Walibi Belgien und dem Norwegischen Tusenfryd weiterhin in ihrer Ursprungsform in Betrieb. Mehr Woodys hat Vekoma nie selbst gebaut und angesichts der Tatsache, das alle drei schon ein gewisses Alter aufweisen, wird dies wohl auch so bleiben.
(Werwolf/Loup Garou @ Walibi Belgium)
Bevor wir uns aber ausführlich mit dem neuen Erlebnis und der Frage ob Untamed das Zeug zu einem Top Coaster in Europa hat beschäftigen, werfen wir wie immer einen schnellen Blick auf das Datenblatt.
(Robin Hood < ---------------------------------------------------------------------------- > Untamed)
Auch wenn viel der alten Holzstruktur der Achterbahn weiter genutzt wurde, so wurde auch sehr viel Verändert. Damit unterscheidet sich auch das Datenblatt sehr deutlich. Der grobe Streckenverlauf wurde zwar beibehalten, doch bietet das neue RMC Layout fast keine Möglichkeit zum Vergleich und wir reden von einer völlig neuen Achterbahn.
Der Lifthügel wurde von 32 Meter auf 36 Meter erhöht. Die Abfahrt führt mit 35,4 Metern fast bis auf Bodenniveau. Auch die Gesamtlänge der Strecke nahm von 1035 Meter auf 1085 Meter leicht zu. Durch die neue Gesamthöhe steigert sich auch die erreichte Maximalgeschwindigkeit von ca. 80 km/h auf 92 Kilometer pro Stunde. Untamed erreicht eine deutlich höhere durchschnittsgeschwindigkeit. Aus diesem Grund verringert sich die Fahrzeit von 2:25 Minuten auf nur noch 1:46 Minuten. Typisch RMC hat man dem Layout einige Inversionen spendiert. Kam die Bahn vorher klassisch ganz ohne Kopfstände aus, dreht Untamed den Fahrgast nun 5 mal kopfüber. Die zwei Züge mit je 6 Wagen für 4 Personen erreichen mit jeweils 24 Personen pro Zug eine Gesamtkapazität von bis zu 900 Fahrgästen pro Stunde. Robin Hood konnte in der selben Zeit bis zu 815 Personen abfertigen.
Die Gesamtkosten des Umbaus betrugen 12,5 Millionen Euro, darin dürfte aber auch die Umgestaltung des Themenbereiches „Sherwood Forest“ zur neuen „Wilderness“ inbegriffen sein.
Damit sind die groben Eckdaten gesetzt und wir gehen über zu dem, was das Gesamterlebnis Untamed bietet.
Die Thematisierung:
Das Walibi Holland ist, auch aufgrund der Six Flags Vergangenheit, nicht unbedingt für ausgedehnte und hochdetaillierte Themenbereiche bekannt. Doch hat man trotzdem dafür gesorgt, das sich Untamed in einer passenden Umgebung niederlassen kann. Das Biest bettet sich in einen tatsächlich recht wild gestalteten Bereich ein. Dabei scheint die Bezeichnung „Wilderness“ nicht unbedingt für natürliche Wildnis, sondern mehr für ein wenig Chaos zu stehen. Das passt hier aber recht gut hin. Die Shops um die Bahn sind eher Hütten und um die Bahn sammeln sich nicht nur Wilde Bepflanzungen, sondern auch auf den ersten Blick zufällig wirkende Beschilderungen und Schriftzüge an.
Auch der alten Bahn huldigt man, indem man die Wartezone an alten Schienenteilen und einem ganzen Streckenabschnitt von Robin Hood, inklusive altem Wagen vorbeiführt. Die Bepflanzung muss zwar noch etwas wachsen, aber die Gitter für die Ranken über die Wege der Wartezone sind bereits da und sollten auch einen noch vorhandenen Kritikpunkt, nämlich der ungebrochenen Sonneneinstrahlung auf die wartenden, etwas mildern. Denn schatten im Hochsommer ist besonders in Wartezonen doch recht wichtig.
Insgesamt wirkt die Gestaltung Chaotisch aber passend, denn die Bahn selbst ist ebenso chaotisch. Wenn man dem Verlauf der Beschilderung und Schriftzüge folgt, kann man den Eindruck bekommen, dass diese den Verlauf eines Drogen Trips beschreiben. Das soll dann wohl auch die Fahrt auf der Bahn selbst darstellen. Und damit liegt man beängstigend nahe an der Wahrheit, denn der Streckenverlauf ist ein absoluter Trip…
Das Layout:
Nach der Stationsausfahrt folgt gleich mal das erste, noch recht zurückhaltende Element aus den kranken Köpfen der Rocky Mountain Jungs und Mädels. Bevor der Zug in den Lift entlassen wird, muss er die 180 Grad „outside banked curve“ passieren. Diese neigt den geneigten Fahrgast direkt dem geneigten Zuschauer entgegen…
OK, der war schlecht, also weiter im Layout…
Der Lift greift sich sanft, fast unmerklich den Zug und agiert recht langsam, zumindest in den ersten zwei-Dritteln der Liftstrecke. Im letzten Drittel wird die Kettengeschwindigkeit leicht erhöht bevor es ungezähmt in den First Drop geht. Das unbekannte Insekt, welches der Zug wohl darstellen soll, stürzt sich nun mit 80 Grad Neigung in die Tiefe um über einen Bodennahen Airtime-Bump zu jagen. Dieser verteilt etwas Floating Airtime.
Das unbekannte Insekt, welches der Zug wohl darstellen soll, stürzt sich nun mit 80 Grad Neigung in die Tiefe um über einen Bodennahen Airtime-Bump zu jagen. Dieser verteilt etwas Floating Airtime.
Mit voller Kraft steigt das Biest nun auf um in ein Element über zu gehen, welches eine Weltpremiere darstellt: Den „270 Grad Double-Inverting-Stall“.
Was frühstückt Alan Schilke eigentlich so, dass er dauernd auf solche Element Bezeichnungen kommt? Egal, ich will es auch, aber nun zurück zum Layout.
Denn nach der Doppelinversion geht es ohne auch nur einen Hauch Energie ein zu büßen wieder in die Tiefe. Was folgt ist der erste Double Up der ordentlich Ejector Airtime verursacht. Der zweite Teil dieses Double Ups neigt sich jedoch heftig nach Links und geht in einem weiteren Airtime Moment in eine Linkskurve über die wieder nahe zum Boden führt.
Darauf folgt das wohl einzige „normale“ Element dieses Ungetüms, ein ganz gewöhnlicher Airtime Hügel.
Dieser wird seinem Namen auch gerecht und hebt den Fahrgast in bester Manier aus dem Sitz in die Bügel. Dann ist es aber auch gleich wieder vorbei mit der Normalität und es geht in einen von RMCs berühmten zur Seite gekippten Airtime Hügel.
Dieser entlässt den Zug in eine Zero-G-Roll welche die Kehrtwende auf den Weg zurück einleitet. Aus dieser langen Linkskurve aufsteigend legt sich der Zug auf dem höchsten Punkt um nahezu 90 Grad nach rechts. Also noch so ein irrer Umschwung.
Der folgende Double-Up und Double-Down führt in Kombination leicht nach links während der Fahrgast gleich 3 mal in Folge kurze, kräftige Ejector- Airtime Momente erlebt. Bevor sich der Zug wieder nach rechts wirft, geht es in einen Step-Up-Under-Flip. Hier wieder Gruß an Alan. Daraus kannst du ein Trinkspiel machen…
Nun weiter: was folgt sind zwei fast schon normale Bunnyhops die aber dermaßen Airtime verteilen das man glaubt das Chassis reißt gleich von den Fahrwerken. Aber keine Sorge, die halten garantiert. Der dritte dieser Bunnyhops besitzt wieder ein Banking nach links, um in die Stützstruktur ein zu tauchen.
Im Gebälk hat man nicht nur jeden Menge Headchopper Momente, sondern auch einen weiteren kräftigen Airtime Moment. Auf eine Rechstkurve folgt das große Finale von Untamed in Form einer bodennahen Uphill Barrel Roll, gefolgt von einem Airtime lastigen kleinen Sturz und dem Aufstieg in die Schlussbremse.
Nicht ohne ein letztes Mal den Fahrgast aus dem Sitz zu heben. Das Biest ist wieder zurück und hat einen Flug sondergleichen absolviert.
Die Dichte und Abfolge der Elemente und Fahrfiguren sowie die Intensität und Anzahl der Airtime Momente suchen in Europa vermutlich noch länger ihresgleichen. Vom First Drop bis zur Schlussbremse lässt das Layout keinen freien Moment und spult eine Gesamt Komposition ab, wie sie selten zu finden ist. Das Layout kann man mit dem Namen der Achterbahn perfekt zusammenfassen: Untamed.
Das Fahrgefühl:
Ein gutes Gesamterlebnis beginnt immer mit dem Einsteigen. Hier hat Rocky Mountain Construction etwas Luft für Meckern auf höchstem Niveau gelassen. Denn nicht nur die Prozedur mit den Gurten bremst ein wenig aus, sondern auch die zu den Beckenbügeln gehörenden Schienbein Stützen könnten für größere und fülligere Fahrgäste ein Störfaktor sein. Ich selbst hatte hier keine Probleme, jedoch bin ich auch nur einen Meter und 77cm groß und habe auch keine all zu langen Beine. Davon ab, sei aber gesagt das die Sitze selbst recht bequem sind. Nichts herausragend besonderes aber auch nichts was man kritisieren könnte. Stand der Technik würde ich sagen.
Was die Bahn aber unbestreitbar perfekt kann, ist das Abrollverhalten der Fahrwerke. Du spürst die Schiene nahezu gar nicht. Das Layout wird dermaßen sanft durchfahren das man sich fühlt als würde man durch die Elemente schweben. Hier leistet RMC beim Track und den Zügen zweifelsohne perfekte Arbeit die dafür sorgt, das Untamed eine der Bahnen mit dem besten Fahrgefühl ist, welche ich bisher erleben durfte. Exzellente Arbeit.
Wenn man den Zügen von außen so zuschaut, könnte man meinen, das es den Fahrgästen bei den Manövern die hier abgespult werden sämtliche Rückenwirbel außeinander Reißen müsste. Doch das Erlebnis als Passagier auf dem Ungetüm ist das völlige Gegenteil. Hier wird ein sehr hoher Thrill Faktor mit einem der komfortabelsten Fahrverhalten verbunden die ich je erlebt habe. Was zu einem Erlebnis führt, das man derzeit zumindest Europaweit nur und ausschließlich auf Untamed erleben kann. Hätte ich eine Wertungsskala, dann würde die Bahn trotz der einfachen Thematisierung von mir 12 von 10 möglichen Punkten für die Ride Experience bekommen. Einfach Grandios komponiert. Ein Meisterwerk!
Fazit:
Untamed hat die Erwartungen schon im Voraus sehr hoch schießen lassen und meine wurden sogar noch übertroffen. Jede Menge brachiale Ejector Airtime, völlig verrückte Fahrmanöver, ein Ablauf ohne Unterbrechungen und dass alles Butterweich im Fahrverhalten lassen dem geneigten Coaster Enthusiast das Herz höherschlagen.
Doch auch das generelle Publikum zeigt sich zunehmend begeistert von Untamed und Walibi Holland darf sich hier zurecht stolz zeigen, sich diese Perle der Achterbahnen in den Park geholt zu haben. Dazu hat die Bahn noch einen meiner Meinung nach angenehmen Soundtrack erhalten der auch bei längerem Warten noch zu gefallen weiß und die Gestaltung der Wilderness Area um Untamed ist zwar sicher kein Top Niveau, passt aber sehr gut zum Park und der Bahn selbst.
Sogar die Züge, welche ich auf den ersten Bildern aufgrund der Optik anfangs kritisch beäugt habe, wirken in der Realität gar nicht mehr so „over the top“ wie beim ersten Foto.
Mit diesem RMC Vorzeige Ride haben wir in Europa jetzt eine Anlage zum Protzen, denn eines ist sicher: Untamed ist das Beste, was man aus Robin Hood hätte machen können, ohne dass man vollständig neu baut und ob ein solcher Neubau besser geworden wäre ist auch nicht sicher. Denn viele Elemente von diesem Hybriden scheinen einfach gerade aufgrund der alten Streckenführung genauso geworden zu sein, wie sie jetzt sind. Manchmal bekommt man eben doch die besten Ergebnisse, wenn man mit vorhandenem Arbeitet, als wenn man einfach alles neu baut. Mein Respekt an Walibi Holland, Alan Schilke und dem Design und Construction Teams von RMC für eine Achterbahn, wie ich sie so noch nie Erlebt habe.
Mir bleibt als Fazit nur zu sagen: Fahrt da hin, Fahrt Untamed und erlebt einen Ride den ihr nie wieder vergessen werdet. Es wird Wild, es wird Abwechslungsreich, Intensiv und trotzdem Komfortabel. Ein nahezu perfektes Achterbahn Erlebnis.
All dies, ist meine persönliche Meinung und Erfahrung mit Untamed. Du siehst das anders, möchtest etwas ergänzen oder hast Fragen? Dann ab damit in die Kommentare oder schreibe mich über meine Social Media Kanäle an. Du findest alle Links am Ende des Blogs.
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