Heftige Turbulenzen am Firmament

in #deutsch6 years ago (edited)

Die Jahreshauptversammlung der Sternzeichen

Traditionell waren alle Augen am letzten Wochenende vor dem anstehenden Jahreswechsel auf das Treffen der Sternzeichen gerichtet, die sich zu ihrer Jahreshauptversammlung am Rastplatz “Kleiner Wagen” links der Milchstraße getroffen haben.

Alleine der Blick auf die Tagesordnungspunkte konnte im Vorfeld bereits erahnen lassen, dass es unterm Gebälk des himmlischen Gewölbes mächtig knarren wird.
Der Jahresabschlussbericht, sozusagen der Einstieg in das erwartete Stechen und Hauen, dürfte da wohl noch die wenigsten Ecken und Kanten mit in die Diskussion gebracht haben. Die Erkenntnis, dass auch im auslaufenden Jahr die Zahl der Abgänge geringer, als die der Zugänge war, lockte nicht ein einziges Sternzeichen ans Rednerpult. Hier ist man sich bereits seit Jahren einig. Zu wenige vernichtende Waffen, Tsunami-Frühwarnsysteme, seismologische Erkenntnisse, katholische Gutgläubigkeit und das automatische Abschalten des menschlichen Verstands bei der Matratzengymnastik lassen da auch keine Trendwende erwarten.

So richtig zur Sache ging es erst bei den Wahlen um den Vorsitz der einzelnen Sternzeichen. Trotz heftigstem Gemauschel im Vorfeld hinter den Kulissen, blieben Kampfabstimmungen und Wortwechsel nahe und unter der Gürtellinie nicht aus.
Ein kleiner Vorgeschmack auf das, was noch folgen sollte, bot die Wahl zum Ober-Widder, bei der, wenn man den himmlischen Buchmachern Glauben schenken darf, Montserrat Caballé eigentlich das Rennen hätte machen müssen. Doch es kam anders.

Widder:

Montserrat Caballé staunte nicht schlecht, als plötzlich Helmut Kohl am Rednerpult auftauchte und ins Mikrofon pfälzelte, selbst Widder-Häuptling zu werden. Das Argument, das er dabei vorbrachte, ließen die Chancen der Diva innerhalb weniger Sekunden auf ein Minimum schrumpfen.
Helmut Kohl sprach nämlich das laut aus, was die konservative Mehrheit nur hinter aufziehenden Wolken zu tuscheln wagten. Eine Frau ist eben kein Widder, sondern ganz einfach ein Schaf. Ein solches gehört auf die Weide und nicht in den himmlischen Zyklus. Frau Caballés Einwand, der Zyklus sei jedoch eine rein weibliche Domäne, konnte das Blatt nicht mehr zu ihren Gunsten wenden.
Wie gewohnt, durfte sich der neue Vorsitzende fünf Adjektive aussuchen, die er unter seinen Untertanen großzügig verteilen darf. Der Pfälzer entschied sich für wild, ungebärdig, ungeduldig, optimistisch und sportlich. Er stellte zwar noch den Antrag Bimbes und Saumagen eingliedern zu dürfen, doch mochten Sprachexperten diese beiden Begriffe nicht als Adjektive anerkennen.

Stier:

Bei der Wahl zum Kampfstier kam es zum erwarteten Kampf zwischen Karl Marx und Elisabeth II.
Beide waren aus London angereist, hatten sich im Raumschiff aber bereits nicht darüber einigen können, wer von beiden früher geboren wurde und so wurde auch hier ein Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet. Denn nach der Widderwahl offenbarte sich Marx eine vorher nicht berücksichtigte Autobahn in Richtung Vorsitz. Genau wie sein Pfälzer Landsmann stellte der Philosoph folgende Frage: Wollt ihr einen Stier oder eine Kuh?
Die Wahl war gelaufen, ehe sie überhaupt begonnen hatte.
Bei seiner Auswahl an Adjektiven schien er auf das zu vertrauen, was seine Frau und Engels immer über ihn behaupteten: ausdauernd, engstirnig, gründlich, pedantisch und genügsam.

Zwilling:

Bei diesem Sternzeichen waren sich eigentlich alle einig, da laut Satzung hier erstmals eine Doppelspitze das Amt durch die nächsten 12 Monate führen sollte. Auch, was die Kandidaten betraf, war man sich ausnahmsweise einmal einig. Mit Donald Trump und Marilyn Monroe schienen die ideale Besetzung gefunden. Frau Monroe reagierte zwar sichtlich genervt auf den Umstand, dass während ihrer Vorstellungsrede Herr Trump ständig an ihrem Hintern herumfummelte, doch sollte die Sache spätestens dann als bereinigt gelten, als sie ihm kurzerhand den Absatz ihres Schuhs in die teuren Halbschuhe jagte. Auch bei der Suche nach den Adjektiven wurde man noch gemeinsam fündig. Vom Schriftführer wurden verzeichnet: kommunikativ, selbstgefällig, tolerant, zerstreut und vielseitig.
Doch als alles bereits verabschiedet war, klärte Frau Monroe ihren Kollegen darüber auf, dass sie sich einen ganz anderen Präsidenten an ihrer Seite wünsche. Daraufhin Trump ins offene Mikrofon: "You’re fired!"

Krebs:

Lediglich in dieser Kategorie verlief es irgendwie nach Plan, was aber vielleicht in Zusammenhang mit dem Antrag eines unverbesserlichen Pessimisten zu tun hat, der doch tatsächlich die Aufteilung des Sternzeichen in Flusskrebs und Hautkrebs zur Diskussion stellte. Da sich jedoch für Letzteres kein Kandidat auftreiben ließ, beließ man es bei dem herkömmlichen Model und entschied sich für eine Frau, die den Seitwärts-, Vorwärts- sowie Rückwärtsgang bis zur Perfektion zu verinnerlicht haben scheint. Der einzig noch verbliebene Gegenkandidat mit Minimalchancen, Franz Kafka, verspürte jedoch wenig Lust auf eine Wahlniederlage, zumal er sich ohnehin lieber mit seinen Depressionen beschäftigt.
Frau Merkel, nahm übrigens die Wörter launig, gefühlsbetont, zärtlich, empfindsam und sparsam mit in ihre Gemeinde.

Löwe:

Zu einem regelrechten Tumult, der sogar zeitweise zu einer handfesten Keilerei auszuufern drohte, kam es bei der Wahl zum neuen Löwen-Chef.
Dass es dann letztendlich Napoleon Bonaparte geworden ist, hat der kleine Franzose mit dem komischen Hut der Auseinandersetzung zwischen Helene Fischer und Barack Obama zu verdanken. Denn als Obama, den eigentlich für diesen Posten vorgesehenen Gustav Heinemann vorstellen wollte, stürmte Helene Fischer die Bühne und versuchte mit aller Gewalt dem amerikanischen Löwen dessen haarigen Kopfschmuck abzurasieren. Nach ihren Beweggründen befragt, gab Frau Fischer zu bedenken, dass hier das Frauenrecht an seiner Wurzel ad absurdum geführt wird. Entweder rasieren sich alle oder der gepflegte Damenbart hält Einzug in das Sternzeichen. Das so entstandene Tohuwabohu nutzte der Franzose aus, annektierte nicht nur die Bühne, sondern ernannte sich auch gleich zum Chef.
Auch mit den Adjektiven machte er kurzen Prozess, indem er dynamisch, entschlossen, arrogant, optimistisch und selbstherrlich unter seine Jacke schob.

Jungfrau:

Bei diesem Sternzeichen standen sich zwei Personen gegenüber, die sich unterschiedlicher nicht hätten den Wählern vorstellen können.
Da ergriff als erste Kandidatin Mutter Teresa das Mikrofon und verkündete für alle wenig überraschend, dass sie doch wohl mehr als prädestiniert für diese Aufgabe sei, da nur sie die notwendigen Voraussetzungen mitbrächte. Da sich unter den Anwesenden auch niemand bereiterklären wollte, diese Behauptung zu überprüfen, galt die Wahl eigentlich schon als gelaufen. Als sich dann jedoch auch noch Michael Jackson ans Mikrofon traute, schien sich eine Überraschung anzubahnen. Den Ausschlag gab letztendlich eine gewisse Billy Jean, die stur und steif behauptete mit Jackson eine ganz heiße Nummer abgezogen zu haben.
Auch die Auswahl der Adjektive bot dann wenig Überraschendes. Über die Ladentheke gingen bescheiden, ehrlich, misstrauig, zurückhaltend und nörgelnd.

Waage:

Es bedurfte massiven Druckes vonseiten Recep Tayyip Erdoğan, Baschar Hafiz al-Assad und Walter Ulbricht damit Wladimir Putin überhaupt an der Milchstraße links abbiegen durfte. Doch kaum dort der Sojus-Kapsel entstiegen, entsicherte der kleine Mann aus Moskau sein Jagdgewehr und rückte die Kräfteverhältnisse auf der Waage wieder in das Gleichgewicht, wie er es für optimal hält. Nichts mehr war zu vernehmen von den hochtrabenden Plänen aus der Vorbereitungszeit für diese Hauptversammlung, die eine Schale der Waage mit Mahatma Gandhi und die Gegenseite mit Paul von Hindenburg zu besetzen. Zeitweise war sogar im Gespräch John Lennon mit einzubinden, doch lehnte der dankend ab und drehte sich stattdessen eine saubere Tüte.
Vlado, wie ihn nur enge Freunde nennen dürfen, positionierte sich breitbeinig auf das wacklige Konstrukt und behauptete neben arrogant und heuchlerisch auch noch friedliebend, harmoniebedürftig und warmherzig zu sein. Damit war der Käse gegessen und Gandhi, sowie Hindenburg durften zurück in den Sandkasten.

Skorpion:

Als heißeste Anwärter auf den begehrten Posten in diesem Jahr wurden eigentlich Pablo Picasso und Bill Gates gehandelt. Doch Bill hatte es wegen extremer Netzwerksprobleme im Magen-Darm-Bereich und Pablo wegen einer ausgiebigen Sitzung bei Vanessa Mae nicht in die Milchflasche geschafft. So blieb im Grunde genommen eigentlich nur noch Fritz Walter übrig, der mit seinem Gefühl für das geschlossene Mannschaftsspiel das Sternzeichen durch die zu erwartenden Turbulenzen hätte führen können. Doch neben Helmut Kohl und Karl Marx einen dritter Pfälzer im Kabinett der Überflüssigen, das wäre dann doch dem Guten etwas zu viel gewesen. So entschied man sich letztendlich für Friedrich Schiller, der mit Kabale, Wallenstein und Maria Stewart bereits anschaulich unter Beweis gestellt hatte, dass er sich auch mit den Ellenbogen durchsetzen kann.
Schiller packte sich die Adjektive intelligent, kreativ, leidenschaftlich und unergründlich ein. Erst auf den Hinweis, dass er noch Anrecht auf eine weitere Charaktereigenschaft habe, steckte er sich noch sarkastisch in die linke Hosentasche.

Schütze:

Wen hätte es besser treffen können, als den Literatur-Nobelpreisträger, den Feingeist und Aristokraten aus Blenheim Pallace im zerbröckelnden Königreich, der mit seinen Befehlen deutsche Städte dem Erdboden gleichzumachen, sich als Chef aller Schützen seit geraumer Zeit mehr als aufgedrängt hatte. An der qualmenden Zigarre konnte ganz einfach kein Weg mehr vorbeiführen. In seiner Antrittsrede beglückwünschte der extrovertierte Brite seine Wähler zu so viel Sachverstand und kündigte an (aber erst nach dem vollzogenen Brexit) das Thema Bombardierung wieder neu aufzurollen. Dass er dabei auch Applaus aus den Reihen der österreichisch-ungarischen Delegation ernten konnte, bestätigte den alten Grantler in seiner Auswahl der Adjektive. Unter dem Hut verschwanden belehrend, fanatisch, reizbar, dynamisch und weitblickend.

Steinbock:

Es zieht schwerer Rauch auf im Gehege des Steinbocks. Der Macher aus dem Norden hat übernommen. Es war auch wirklich höchste Zeit, nachdem sich im vergangenen Jahr Elvis Presley mehr um die Ziegen in seinem Stall, als um die Belange der Böcke gekümmert hatte. Dass sein Nachfolger direkt nach seiner Wahl jedoch auch einer Liste der Ziegen vorlegte, die ihn in seiner Arbeit in diesem Jahr unterstützen sollen, stieß vielen Delegierten sauer auf. Doch ein erster Blick auf die Namen der Assistentinnen beruhigte wieder die Gemüter. Es mag daran liegen, dass mit Simone de Beauvoir, Annette von Droste-Hülshoff und Hildegard Knef mehr Kompetenz als Lust den Schlüssel zur Vorstandsetage erhielten. Außer einer Wagenladung Zigaretten orderte der Hanseat mehr solcher Charaktereigenschaften, als da wären ausdauernd, pflichtbewusst, selbstbewusst, pedantisch und unerbittlich.

Wassermann:

Bei den Wassermännern war es mal wieder an der Zeit, dass ein Amerikaner für ein Jahr abtaucht. Der eigentliche Wunschkandidat, Abraham Lincoln, sagte jedoch frühzeitig ab, da er seinen Bart solch extremen Belastungen nicht aussetzen wollte. Außerdem fürchtete er den bereits angekündigten Aufstand der stimmberechtigten Damen, die mit allen Mitteln endlich ein eigenes Resort einzurichten gedachten. Andrea Berg, Zaza Gabor und Paris Hilton kämpften bereits seit Monaten für die Aufspaltung in Wassermänner und Wassernixen. Ellen DeGeneres, Elke Heidenreich und Malu Dreyer setzten ganz und gar auf die Variante Wasserfrau. Doch dann kam er, der Mann aus Kalifornien, und ließ das himmlische Wählervolk folgendes wissen. “Ich habe keine Ahnung, um was es hier geht, aber die Ladies werden das schon richten!” Diese weisen Worte brachten ihm eine satte Mehrheit und diese Adjektive exzentrisch, charismatisch, ungeduldig, unnahbar und willensstark ein. Gleich im Anschluss an diese Wahl traf Paris Hilton die Faust von Malu Dreyer - und zwar voll auf die Zwölf.

Fische:

Ich persönlich hätte mir für dieses Jahr Barbara Schöneberger gewünscht. Alleine wegen der sichtbaren Argumente. Doch als Skorpion war ich nicht stimmberechtigt und musste so mit ansehen, wie die Fische mal wieder mit Albert Einstein ein ganz “fischiges” Ergebnis produzierten. Nicht wirklich Süßwasser aber auch nicht aus dem Meer. Einer der vorgibt, das eine zu sein, aber bei näherem Hinschauen als das andere entlarvt wird. Nina Hagen oder Rosa Luxemburg hätten es meiner Ansicht nach auch verdient gehabt, doch wer weiß, was die Fische sich dabei gedacht haben.
Möglicherweise, und das ist denen durchaus zuzutrauen, dass es Albert schafft zu bewerkstelligen, dass sie nicht mehr gegen den Strom schwimmen müssen. Ob aber die dafür ausgesuchten Adjektive ängstlich, chaotisch, geheimnisvoll, selbstlos und romantisch taugen, das muss sich noch beweisen.

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Sort:  

Sehr schön, geht ja gut los das Neue Jahr. 😎

Großartiges Kino gleich am Neujahrsmorgen! Danke dir, es gibt also Hoffnung für das kommende Jahr... Klarer Resteem...

Danke dir Kadna!

Du hättest mir im Vorfeld verraten müssen, welches Zeichen dir mit auf den Weg gegeben wurde. Vielleicht hätte ich ja noch ein ganz klein wenig was manipulieren können? Zumindest bei den Adjektiven.

Liebe Grüße
Wolfram

Das hätte sich gelohnt... die Adjektive sind - ich nenne es jetzt mal gewöhnungsbedürftig... mein Geburtstag ist demnächst... ;-))

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Hallo Wolfram,
herzlichen Dank für das Aufzeigen der Tatsache, dass selbst in den Sternen Jahreshauptversammlungen nicht anders ablaufen, als überall sonst auf der Welt.
Da ich erstmals alle zwölf Sternzeichen - nicht nur egozentriert das eigene und höflichkeitshalber noch das des Partners - mit starkem Interesse und häufig schmunzelnd gelesen habe, möchte ich mal behaupten, die Umsetzung deiner Idee ist dir ganz hervorragend gelungen - habe ich echt nichts zu chriddlern ;-P
Liebe Grüße,
Christiane

Hallo Christiane,

das macht Hoffnung für dieses Jahr!
Aber bitte nicht zu viel Milde aufkommen lassen, denn sonst erkenne ich dich nicht mehr.😊

Liebe Grüße
Wolfram

Och komm, Wolfram, eigentlich bin ich doch meist noch ganz nett ;-)
Das mit der Hoffnung auf dieses Jahr möchte ich liebend gern unterzeichnen. Habe allerdings noch "meinen" Ressortchef etwas zu beobachten. Zuletzt schwer durch Demenz gezeichnet, muss ich hoffen, dass er die Symptome dieser hinterhältigen Krankheit nicht mit in die Sterne genommen hat. Was, wenn er die Adjektive verwechselt? Sind die Nixen am Ende egozentrisch, nichtssagend, geduldig, offenherzig und willenlos? Dann erkenne ich mich ja nicht wieder, das wäre viel schlimmer.
LG, Christiane

Sehr unterhaltsam geschrieben. Aus der TV-Zeitung meiner Freundin weiß ich, dass heute bei "Wassermann" das steht, was letzte Woche bei "Zwillinge" stand. Ich bin ein Fan und gutem Lesestoff, diesen hast Du hier geboten und das belohne ich mit einem 100% Upvote.

Jetzt, mit der neuen Besatzung an Bord werden solche Nachlässigkeiten selbstverständlich nicht mehr vorkommen.
Was jedoch nicht das Kompliment an deine Freundin schmälern soll, die offensichtlich in der Lage zu sein scheint, sich einen solchen Unfug auch noch zu merken.
So etwas gelingt mir nur mit sich reimenden, chauvinistischen Sprüchen, bei deren Gebrauch es bei meiner Frau die Nackenhaare stellt.

Es freut mich, dich ein wenig unterhalten zu haben.
Grüße
Wolfram