Der Djin (eine originale Kurzgeschichte)

in #deutsch6 years ago

Ischtar hatte sich verliebt. Das war noch nie geschehen. Seit zehn Jahren wachte sie jeden Tag neben dem selben Mann auf, den ihre Eltern damals für sie ausgesucht hatten. Sein Name war Abel und in ihn war sie nicht verliebt. Er trank jeden Tag und war dreisig Jahre älter als sie. Sie war froh, dass ihm das Trinken seiner Potenz nun gänzlich beraubt hatte, denn die ehelichen Pflichten waren ihr stets mehr Qual als Lust gewesen. Da sie auch nie Kinder von Abel bekommen hatte, lebte sie alleine mit ihrem Mann.
Nun aber hatte sie sich verliebt. Was für ein Dilemma. Und was noch schlimmer war, der junge Mann, der ihr Herz erobert hatte, empfand ebenso für sie. Das hatte er gesagt.
Nun saß Ischtar am Küchentisch und dachte darüber nach, wie sie ihren Mann loswerden könnte, während dieser das Couscous mit beiden Händen in sich hineinschaufelte. Sie könnte ihn umbringen. Der Gedanke kam ihr zum ersten Mal in ihrem Leben. Dann kam ihr eine andere Idee in den Kopf.
Am nächsten Tag ging sie zu der Hexe des Ortes und kaufte eine Große Auswahl an Kräutern. Dann verbrachte sie den Tag ohne Essen und Trinken in ihrem Zimmer, verbrannte die Kräuter und betete. Immer wieder sagte sie laut: Allah, mach das mein Mann weggeht. Nimm ihn weg von mir, schick ihn auf eine weite Reise oder gib ihm eine neue Liebe. Ich bin seiner überdrüssig, doch wenn ich es ihm sage wird er mich schlagen und sich noch mehr belasten. Behüte mich davon, dass ich ihm ein Leid antue. Am Abend kam der Mann sehr betrunken vom Kartenspiel nach Hause. Er tobte als er sah, dass kein Essen zubereitet war, doch sie konnte ihn gar nicht hören. Ihr Zauber hatte es ihm unmöglich gemacht zu ihr zu sprechen. Auch das Zimmer in dem sie war konnte er nicht betreten. So betete sie für drei Tage ohne zu Schlafen. Er wurde er immer unmutiger und verschwendete viel Geld für teures Essen und noch mehr Alkohol als gewöhnlich.
Am dritten Tag beendete die Frau ihr gebet und wollte das Zimmer verlassen, doch da erschien plötzlich ein Djin aus den Rauchschwaden der glimmenden Kräuter. Gute Frau, ich bin der Geist der sieben Kräuter. Ich habe deine Gebete gehört und ich sehe, dass du stark im Glauben bist. Darum werde ich dir dienen. Sag mir, wie ich dir behilflich sein kann.
Ischtar überlegte nicht lange und sagte: Wasser. Mit einem Knall und flammenden Funken war der Djin verschwunden. Nach einigen Sekunden erschien er wieder, umwölkt von violetten Rauchschwaden und einen Eimer Wasser in der Hand. Shukram sagte sie und nahm sich einen Becher vom Regal um zu trinken. Dann bat sie um eine Mahlzeit und er brachte ihr eine herrliche und kochend heiße Tagine mit Brot und Oliven. Während sie diese as formulierte sie bereits den nächsten Wunsch. Ich brauche deinen Rat, guter Djin. Aus meinem Gebet weißt du ja, dass ich meines Mannes überdrüssig bin. Was denkst du, wie ich es anstellen kann, dass er mich verlässt. Der Djin nahm sich eine hervorragend gegarte Rübe und schmatzte: Hmm, du könntest mich bitten kurzen Prozess mit ihm zu machen. Um den alten Säufer ist es doch nicht schade. Aber mir fehlt noch ein Puzzelteil zu deiner Frage. Warum willst du ihn eigentlich loswerden? Also warum erst jetzt?
Ich wusste nie das Djinis essen. Die Tagine schmeckt ausgezeichnet, Danke noch einmal. Ich habe mich verliebt. Es ist mir etwas peinlich, aber da war dieser junge Mann. Ich habe ihn bei der Festivität am Marktplatz getroffen. Wir haben getanzt und gesprochen. Ein Künstler ist er auch, er malt fantastische Bilder. Ihre Augen glänzten als sie sich erinnerte.
Will dieser Junggeselle dich den heiraten? Soll ich ihn beobachten und seine Treue auf den Prüfstand stellen? Ischtar wusste nicht wie sie auf dieses Angebot reagieren sollte. Dann kam ihr die Idee. Djin, sagte sie mit aufgeregter Stimme, kannst du eigentlich auch die Gestalt anderer Menschen annehmen. Selbstverständlich, antwortete der Djin, und ich vermag noch viele Wunder. Ischtar nickte und erklärte dem Djin ihre Idee.
Der Djin machte sich auf den Weg seine Mission in die Tat umzusetzten und Ischtar verlies zum ersten Mal seit Tagen ihr Zimmer. Vorher hatte sie den Djin noch um eine Sebsi und etwas Kiff gebeten. Der weitere Tag verlief ruhig. Sie saß auf der Terrasse und rauchte ihren Kiff. Am Abend kam ihr Mann nach Hause. Wortlos setzte er sich neben sie und wollte sich eine Flasche Bier öffnen. Hielt dann aber inne und fragte: Seit wann rauchst du Kiff? Es gibt viel, was du nicht über mich weißt, sagte sie mit einer Spur Hohn in der Stimme. Dann lass mich auch mal probieren, murmelte er und zum ersten Mal seit Jahren konnte sie Scham in seiner Stimme hören. Sie reichte ihm eine frisch gestopfte Sebsi. Er rauchte und hustete. Dann stopfte er ihr eine Pfeife und gab sie ihr. So ging das viele Male. Dann fragte er: Möchtest du dich scheiden lassen? Sie nickte. Er nickte und sie rauchten weiter.
Am nächsten Tag zog sie in das Haus des Mannes, in den sie sich verliebt hatte. Jahre später erzählte sie ihren Kindern, wie der Djin den Mann zur aufgabe ihrer Ehe bewegt hatte. Wo immer der Mann an diesem Tage hingegangen war war ihm Ischtar erschienen. Mal war sie in Tränen aufgelöst am Strand gesessen und hattte ihren Ehering in die Wellen geworfen, mal hatte sie glücklich in einem Cafe getanzt, mal hatte sie mitten auf der Medina ein Kind geboren. Da Abdel der einzige war, der diese Erscheinungen sehen konnte füchtete er sich vor ihrer Hexerei. Die letzten Tage ohne ihre Anwesenheit hatten ihn ohnehin verstört. Schließlich überwog die Furcht über seinen Willen die Frau zu besitzen. Die Kinder lachten, denn sie glaubten nicht an Djinis.

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Diese Geschichte wurde inspiriert von meiner gegenwärtigen Maroccoreise. Ich hoffe ihr habt Freude beim lesen.

Viel Licht und Liebe <3

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Großartiger Beitrag @yoganarchista und eine tolle Reise weiterhin!

Egal wie beliebt der Einstieg in einen Kommentar auch sein mag, ich verzichte trotzdem auf den Superlativ.
Mich hielt die Geschichte in ihrem Bann, da du dich sehr einfühlsam der alten Erzählform der Scheherazade angenähert hast.
Ich hätte mir gewünscht, dass du mich mit mehr Details von Ischtar und ihrer großen Liebe fütterst, dir mehr Zeit (Zeilen) gönnst mich noch tiefer in diese Kultur zu ziehen.
Ich hätte einen 1., 2. und 3. Teil also auch aufgesogen.

Liebe Grüße
Wolfram

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Nice! Super cool liebes.

Du siehst sich echt entspannt aus. Hugs

Großer Beitrag danke für das Teilen

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Vielen Dank für diese tolle Kurzgeschichte, habe ich wirklich gerne gelesen :-)