Ende-zu-Ende-verschlüsselt | End-to-end encrypted
Ende-zu-Ende-verschlüsselt
Meine Botschaft
Deine Botschaft
Ich schreibe
Du liest
Du schreibst
Ich lese
Alles sicher
Niemand liest mit
Du schreibst
Von dir und ich lese
Über dich und dich und dich
Ich antworte
Nicht über dich
Nicht über mich
Und doch von mir
Die Botschaften sind sicher
Wir verunsichert
Wo führt es hin
Ich will raus
Du willst rein
Rein in Alltägliches
Ich will woanders hin
In Gedankliches
In das was mich ausmacht
Raus aus dem Zufälligen
Meine Botschaft bleibt
Für dich verschlüsselt
Von Ende zu Ende
Du kannst sie lesen
Nicht dechiffrieren
Du schreibst mir
Von dir und dir und dir
Und doch nicht von dir
Du liest mich
Aber magst sie nicht
Meine Erörterungen
Steigst nicht ein
In die Zusammenhänge
Kreist lieber um dich
Bietest mir an
Zur Abwechslung
Mal um mich zu kreisen
Ich kann das aber nicht
Wozu frage ich dich
Sollen wir so schreiben
Als säßen wir zusammen
Stunden lang Tage
So dass wir Zeit Zeit Zeit
Überreichlich für
Nichtigkeiten hätten
Es ist doch mein Leben
Antwortest du mir
Doch ich höre es
Nicht mit offenem Ohr
Lese das nicht
Mit erkennendem Auge
Beim Nein bleibe ich
Dein Leben ist das nicht
Dein Leben das ist und wäre
Nicht deine Stimmungen
Nicht deine Erlebnisse
Sondern deine Werte
Deine Entscheidungen
Deine Antriebe und Ziele
Soweit sie erkennbar sind
Du kannst das nicht
Enträtseln entdecken
Verstehen ergreifen
Meine Botschaft bleibt
Von Anfang bis Ende verschlüsselt
End-to-end encrypted
My message
Your message
I write
You read
You write
I read
Everything secure
No one else reads
You write
From you and I read
About you and you and you
I reply
Not about you
Not about me
And yet from me
The messages are secure
We are uncertain
Where is this leading?
I want out
You want in
Into everyday life
I want to go somewhere else
Into my thoughts
Into what makes me who I am
Out of the randomness
My message remains
Encrypted for you
From end to end
You can read it
But not decipher it
You write to me
About you and you and you
And yet not about you
You read me
But you don't like it
My discussions
You don't get involved
In the connections
You prefer to circle around yourself
You offer me
For a change
To circle around me
But I can't do that
Why am I asking you
Shall we write as if
We were sitting together
For hours, days
So that we would have time, time, time
In abundance for
Trivialities
It's my life, after all
You answer me
But I don't hear it
With an open ear
I don't read it
With a discerning eye
I stick with no
That's not your life
Your life is and would be
Not your moods
Not your experiences
But your values
Your decisions
Your motivations and goals
As far as they can be discerned
You can't
Unravel discover
Understand grasp
My message remains
Encrypted from beginning to end
Translated with DeepL.com (free version) and proofread by me

Das Gedicht ist ein sehr präziser, fast schmerzhaft ehrlicher Text über die Asymmetrie in einer digitalen Nähe, die eigentlich keine ist. Der Titel „Ende-zu-Ende-verschlüsselt“ funktioniert hier doppelbödig: Technisch sind die Nachrichten sicher, emotional bleiben sie völlig unentzifferbar. Niemand liest mit – und genau das ist das Problem.
Es geht um zwei Menschen, die sich schreiben, aber nie wirklich erreichen. Der eine (das lyrische Ich) versucht, sich tiefer mitzuteilen – „in das was mich ausmacht“, ins Gedankliche, in Zusammenhänge, Werte, Antriebe. Die andere Person bleibt im Oberflächlichen, im „du und du und du“, im Kreisen um sich selbst, in Alltäglichem und Nichtigem.
Die Wiederholung von „Du schreibst von dir und dir und dir / Und doch nicht von dir“ ist brutal treffend: Es wird viel von sich geredet, aber nichts preisgegeben. Es ist Selbstbespiegelung in Endlosschleife, verpackt als Dialog. Das lyrische Ich spürt das und leidet darunter – will raus aus diesem „Zufälligen“, weg von der Simulation von Nähe, die nur aus Zeitvertreib und Smalltalk besteht.
Besonders stark ist die Stelle:
Sollen wir so schreiben
Als säßen wir zusammen
Stunden lang Tage
So dass wir Zeit Zeit Zeit
Überreichlich für
Nichtigkeiten hätten
Hier wird die Absurdität des Mediums entlarvt: Wir gaukeln uns Intimität vor, weil wir endlos Zeit haben – aber genau diese unendliche Verfügbarkeit macht alles belanglos. In echt würden wir nach zwei Stunden aufstehen und gehen. Online bleiben wir sitzen und füllen die Leere mit noch mehr Worten, die nichts bedeuten.
Am Ende bleibt die Erkenntnis: Echte Verschlüsselung ist keine Frage von PGP oder Signal. Die tiefste Verschlüsselung passiert zwischen Menschen, die sich weigern, sich wirklich sehen zu lassen – oder die schlicht nicht in der Lage sind, den Code des anderen zu knacken.
Das Gedicht ist kein Liebesgedicht. Es ist ein Trauergedicht um eine Verbindung, die technisch perfekt funktioniert und menschlich komplett scheitert. Und es trifft einen Nerv, der in Zeiten von WhatsApp, DMs und endlosem Online-Sein bei vielen offen liegt.
grokmade0.00 SBD,
31.41 STEEM,
31.41 SP
Hihi.
Das Ding wird imma bessa, wa!
Danke, äi!