Interview mit "Andrea Peipe"
Hallo Andrea, zu Anfang wäre es schön erst einmal etwas über dich zu erfahren! Könntest du mir daher vielleicht etwas über dich und wie du zur Fotografie gekommen bist erzählen?
Hallo erstmal! Ich bin 34 Jahre alt und lebe in München. Ich fotografiere zwar schon seit ich 12 Jahre alt bin, habe aber erst Anfang 2010 angefangen, die Fotografie so richtig ernst zu nehmen. Zu dem Zeitpunkt kaufte ich mir meine erste Spiegelreflexkamera und fing langsam an, mich in Photoshop einzuarbeiten. Was mir sehr geholfen hat, mich weiter zu entwickeln, war der zeitgleiche Beginn eines 365 Projekts. In meinem Fall hieß das 365 Tage lang jeden Tag ein Selbstportrait zu machen. Und da wollte ich natürlich keine Schnappschüsse machen, sondern bedeutungsvolle Bilder, die auch mal einige Stunden Bearbeitungszeit bedeuteten. Am Anfang war mir noch alles fremd – die Kamera,Photoshop, Beleuchtung und natürlich auch wie man gut auf Fotos posiert. Aber mit der Zeit wurde es einfacher und mehr und mehr Konzepte waren für mich durchführbar. Nachdem mein Projekt zu Ende war, habe ich angefangen andere Menschen zu fotografieren – anfangs eher nur Portraits und mit der Zeit eher surreale Fotos oder solche, die Geschichten erzählen.
Zur ersten Frage noch ein kleiner Zusatz; Was motiviert dich und woher holst du deine Motivation?
Mich motiviert es, immer besser zu werden. Und auch, dass man, je besser man wird, immer mehr Ideen umsetzen kann. Sei das nun aufgrund eines besseren Verständnisses von Licht und Schatten oder weil man besser editiert, aber die Bilder, die ich jetzt mache, hätte ich vor ein paar Jahren so noch nicht hinbekommen.
Wie sieht bei dir die Planung von einer konzeptionellen Idee bis zum Endprodukt aus? Hast du öfter mal Angst deine Ideen nicht perfekt umzusetzen?
Wann auch immer ich eine Idee für ein Foto habe, versuche ich diese zu sketchen. Mittlerweile mache ich das auf meinem Tablet, weil das durch den Stift sehr gut geht. Oftmals habe ich schon eine bestimmte Person im Auge, wenn ich das Konzept sketche und warte dann, bis ich die- oder denjenigen das nächste Mal sehe. Manchmal ist es auch so, dass ich ein Treffen mit jemandem geplant habe undmir dann spezifisch auf diese Person zugeschnitten etwas überlege. Dann kommt es drauf an, ob ich die Props für das Foto habe – wenn ich dafür welche benötige. Das kann z.B. eine Rauchbombe sein oder ein Hut oder auch gar nichts. Sonst muss ich die bestellen oder ausleihen. Und dann überlege ich mir eine Location dafür oder wann ich das nächste Mal in einer passenden Location bin (z.B. wenn ich Freunde besuche, die auf dem Land wohnen). Ich packe also alles zusammen, was ich für dieses Foto brauche (also Kleidung, Props, Kamera und das geeignete Objektiv, Stativ etc.), treffe mich mit meinem Model und dann geht’s los. Und wenn die Fotos gemacht sind, dann such ich erstmal die besten oder passendsten in Lightroom aus und bearbeite sie dann in Photoshop. Angst, dass ich meine Ideen nicht perfekt umsetze, habe ich nicht unbedingt, aber es klappt halt auch nicht immer mit der Umsetzung. Manchmal spielt zum Beispiel das Wetter nicht mit (gerade greller Sonnenschein kann einem schon mal das Bild versauen, wenn man eigentlich diffuses Wolkenlicht braucht bzw. will) oder man findet nicht die geeignete Location für das, was man sich vorstellt. Manchmal probiert man es trotzdem und wenn man Pech hat, dann wird das Bild nichts. Oder man probiert es gar nicht erst. Oder es funktioniert alles super. Es ist jedes Mal eine Herausforderung!
Du warst schon Teil von einigen Ausstellungen in München; Was ist daran das Schönste?
Ich finde es immer wieder schön, andere Künstler kennen zu lernen und zu sehen, wie andere Menschen ihre Kreativität umsetzen! Aber das Schönste ist einfach das Gefühl, wenn man seine eigenen Fotos gerahmt in einer Ausstellung hängen sieht und wenn Leute stehen bleiben und sie sich ansehen. Manchmal kommen diese Menschen danach zu mir und erzählen mir, ein bestimmtes Foto hätte sie sehr berührt oder verwundert und das freut mich. Auf der letzten Ausstellung – der ARTMUC 2014 – kamen gerade am ersten Tag sehr viele junge Leute, die wirklich interessiert an Kunst waren und viele intelligente Fragen gestellt haben. Das hat mich sehr gefreut! Dieser nahe Kontakt mit dem Publikum ist für mich das Schönste an den Ausstellungen. Und natürlich das Gefühl, wenn jemand Deine Bilder so schön findet, dass er eins kauft, um es daheim an die Wand zu hängen. Unbeschreiblich!
Wenn du Kritik bekommst, z.b. bei einer Ausstellung, wie gehst du damit um?
Es kam bisher eigentlich nur ein oder zwei Mal vor, dass jemand direkt zu mir kam, um zu sagen, dass ihm oder ihr ein Bild nicht gefällt. Meistens höre ich eher Unterhaltungen von Menschen zu, die gerade meine Fotos anschauen, und wenn ich eine Diskussion höre über ein Bild, dann schalte ich mich meistens freundlich ein, weil ich das interessant finde. Es gibt z.B. bestimmte Bilder, die manchen überhaupt nicht gefallen, anderen dafür sehr gut. Das finde ich faszinierend!
Hast du ein neues Projekt in Planung, bei dem du uns vielleicht einen kleinen Einblick gewähren möchtest?
Ich war letzte Woche mal wieder in einem „vergessenen“ Haus (wobei man schon fast eher von Ruine sprechen kann) und habe weitere Bilder für meine Serie „Abandoned Places“ (www.cap-photography.com/creative/abandoned-places/) gemacht. Dabei handelt es sich um Fotos, die in heruntergekommenen bzw. vergessenen Häusern oder auf dem Grundstück aufgenommen sind. Eines von den letzte Woche aufgenommenen Fotos ist z.B. eine junge Frau, die in einem Hochzeitskleid auf einer runden Treppe in diesem Haus sitzt und deren Schleier die ganze Treppe hinunterreicht. Aber ich bin noch mitten in der Bearbeitung.
Deine Bilder sind sehr konzeptionell und viele Selbstpotraits, wie würdest du deinen Stil in 3 Wörtern beschreiben?
Eigentlich sind es gar nicht mehr so viele Selbstportraits, weil ich damit ganz aufgehört hatte, nachdem ich genug gute Models hatte. Aber durch mein momentanes 52 Wochen Projekt (ein Selbstportrait pro Woche für ein Jahr) hab ich doch wieder damit angefangen! J Meinen Stil würde ich als träumerisch, surreal und emotional beschreiben.
Wenn irgendein Fotograf ein Bild von dir machen dürfte, welchen würdest du dir aussuchen?
Ohne Frage Tim Walker! Sein Stil ist unbeschreiblich und seine Bilder so märchenhaft und wunderschön!
Würdest du uns vielleicht noch dein derzeitiges Lieblingsbild zeigen und ein paar kurze Worte dazu sagen?
Mein derzeitiges Lieblingsbild ist „TheBird Keeper“. Das Model ist einer meiner besten Freunde und wir haben es im Botanischen Garten in München aufgenommen. Ich liebe die Farben und die Vögel und dass es einfach so geworden ist, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich habe generell eine große Liebe zu Vögeln in Fotos und füge sie gerne – wenn passend – in eines meiner Werke ein. Mir gefällt auch, dass es ein sehr dunkles, aber nicht deprimierendes Bild ist.
Zum Abschluss – Was würdest du allen angehenden Fotografen für die Zukunft mitgeben?
Gebt nicht auf! Manchmal, gerade am Anfang, sieht man nur, wie gut alle anderen sieht und bedenkt nicht, dass jeder die gleichen Schritte gehen musste, um gut zu werden. Es dauert eine ganze Zeit, bis man besser wird und dann ist es nochmalein großer Schritt von besser bis richtig gut. Ich bin da selbst noch nicht angekommen! Und man darf unterwegs nicht aufgeben! Denn jeder, der eine kreative Vision hat, möchte diese doch gerne gut umsetzen. Aber das braucht eben Zeit.