Logbuch von Herrn Grau - Eintrag A.L.P.
Das Gewicht kam aus dem Nichts.
Es war nicht das erste Mal. Jede Nacht, seit ich dieses verfluchte Haus betreten hatte, war schwerer als die letzte gewesen. Doch diesmal war es anders. Davor war es nur das Gefühl, beobachtet zu werden, ein leises Knarren, ein Schatten, der zu lange verweilte. Heute riss er mich aus dem Schlaf, wie ein Raubtier, das endlich zuschlägt.
Ich schlug die Augen auf, aber Dunkelheit schlug zurück. Keine gewöhnliche Dunkelheit, sondern eine, die sich wie Teer auf meine Augen legte. Ich konnte sie schmecken, kalt und metallisch, während mein Herz wie ein zerrissenes Metronom stolperte. Die Luft in meinen Lungen stand still, als hätte sie Angst vor dem, was kommen würde.
Dann begann das Geräusch.
Es war, als würde die Nacht selbst zerbrechen. Ein Knirschen, tief und scharf, wie rostige Zahnräder, die sich widerwillig drehen, während Glas in ihnen zersplittert. Es kroch durch den Raum, schnitt sich in meine Ohren, und ich wusste: Er war da.
Er kroch aus der Decke, wie ein lebendiger Schatten, seine Gliedmaßen zitterten und wandten sich, als würde er nach Form suchen. Erst waren es nur Linien, Risse in der Realität, dann wurde er dichter, schwerer. Metall und Fleisch, untrennbar verbunden. Eine Gestalt, die nicht existieren sollte.
Sein Gewicht war mehr als körperlich, es drückte auf meine Seele, eine Last aus Schuld und Versagen, die ich bis dahin ignoriert hatte. Sein Rauch roch nicht nach Feuer, sondern nach etwas Schlimmerem: nach verrotteten Erinnerungen, nach all dem, was ich zu begraben versucht hatte und das jetzt aus dem Loch seines Gesichts emporstieg.
Ich wollte fliehen, aber meine Beine lagen reglos, schwer wie Blei. Meine Finger krümmten sich, aber sie griffen ins Leere. Ich war ein Gefangener in meinem eigenen Körper, während das Ding, der Alp, näherkam.
Sein Gesicht war kein Gesicht. Es war ein Loch, ein leerer Raum, umgeben von schartigen Platten, aus denen Schläuche ragten. Sie zischten und spuckten etwas, das aussah wie Rauch, aber brannte wie eine Präsenz in meiner Seele. Ich starrte hinein, und das Loch starrte zurück.
Er setzte sich auf mich.
Es war, als hätte die Welt beschlossen, mich auszulöschen. Der Druck auf meiner Brust nahm mir den letzten Rest Luft. Meine Rippen gaben nach, und ich hörte das Echo ihres Knackens in meinem Kopf. Der Alp begann zu lachen. Kein Lachen, das man hören konnte, sondern eines, das direkt in meine Gedanken drang, ein pulsierender Wahnsinn, der alle Ecken meines Verstandes ausfüllte.
Doch hinter dem Lachen war etwas anderes. Worte, verzerrt und fremd, aber nicht unverständlich:
Und da wusste ich es. Der Alp war kein Besucher. Er war nicht von außen gekommen. Er war in mir gewesen, die ganze Zeit.
Vielleicht hatte es mit der Entscheidung angefangen, allein in dieses Haus zu ziehen. Oder war es früher? In den Momenten, in denen ich die Zeichen ignorierte, die Stimmen im Flur, die Schatten in Fenstern, die längst zugemauert waren? Ich dachte damals, es sei die Einsamkeit, die mich verfolgte. Jetzt weiß ich, dass es der Alp war. Oder war er schon immer da, und ich habe ihn erst hier bemerkt?
Als ich erwachte, lag ich in derselben Dunkelheit. Die Sonne war längst aufgegangen, aber das Licht kam nicht mehr zu mir. Jede Wand, jeder Schatten schien mit ihm erfüllt, seinem Lachen, seinem Gewicht.
Ich sehe ihn in den Spiegeln, in den Ecken des Raumes, in den Augen der Menschen, die mich ansehen und mich nicht wirklich sehen. Er ist immer da, und ich frage mich, ob das Leben mit ihm noch Leben genannt werden kann.
#Uff , alles nur ein Traum .