Rafting. Ein Erfahrungsbericht
Wo finde ich das perfekte Rafting: Am Fuß chilenischer Vulkane oder in den Schluchten des Ötztals
Lesehinweis: Alles was wir hier schreiben ist genauso passiert. Noch besser sogar, wir haben es nicht extra für euch getestet, sondern einfach völlig unabhängig von Blogposts gemacht weil wir Lust darauf hatten.
Selbstkritisch habe auch ich mich hinterfragt, ob ein Flug von Deutschland nach Südamerika für 13 Tage die ökologischen Maßstäbe erfüllt, die ich mir selbst gesetzt habe. Damals habe ich die Chance wahrgenommen und bin mit meinem Mitgründer und guten Freund Toni in den Flieger gestiegen. Bei 260 € (Return) , war Chile plötzlich ganz nah. Im letzten Jahr auf dem Rückweg aus dem Surfurlaub in Frankreich haben wir dann nochmal einen Stop im Ötztal eingelegt, der diesen Blogpost erst ermöglicht hat. So kann ich hier aus eigener Erfahrung 2 der bekannstesten Raftingspots miteinander vergleichen.
Pucón! Massentourismus am Vulkan
Ein Dorf geprägt durch den Massentourismus. Am Fuße des aktivsten chilenischen Vulkans Villarica liegt das Dorf Pucón. Ich sage bewusst Dorf, denn die erste Wahrnehmung ist genau diese. Schaut man dann online, findet man auf Wikipedia die Angabe mit 14.000 Einwohner und auf Wikivoyage sogar 35.000 Einwohner. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Wobei in der Hochsaison diese Zahlen womöglich bei weitem übertroffen werden. Dieses Phänomen ist einigen von euch mit Sicherheit bekannt. Wer kennt sie nicht, die Dörfer und verschlafenen Städtchen, die in den Saisonmonaten auf ein Vielfaches ihrer Kapazität anschwellen. Erste Erinnerungen wurden wach an Queenstown (Neuseeland), das sich als größter Abenteuerspielplatz des Landes einen Namen gemacht hat. Ein Image, das neben den zahlungskräftigen Touristen ebenso viele Probleme in die wunderschöne Landschaft holt. Hierzu folgt dann noch einmal ein gesonderter Blogpost.
Ötztal! Willkommen im Touristenparadies
Heutzutage reicht es nicht mehr aus, auf die Anziehungskraft der schönen Landschaft zu vertrauen. Hunderte Angebote für die Touristen, wie auch ich einer war, reihen sich an den Flüssen und Bergen der österreichischen Schluchten. Aber wir hatten nie das Gefühl es wäre zu eng, zu voll oder zu chaotisch. Dies mag aber auch an der Saison gelegen haben. Hier geht auf jeden Fall alles was irgendwie den Zusatz Abenteuer verdient. Allerdings ist auch Wellness und Erholung in der sauberen Luft der österreichischen Alpen möglich.
Bevor wir uns in die Boote stürzen: Kurz wissenswertes über das Rafting:
Was genau ist eigentlich Rafting?
Beim Rafting sitzt man mit acht bis zehn Personen in einem Schlauchboot und fährt durch einen Fluss mit Stromschnellen, stehenden Wellen, spitzen Steinen und kleinen Wasserfällen. Siehe auch: Rafting auf Wikipedia.
Welche Klassen gibt es beim Rafting?
Es gibt sechs Raftingklassen die in römischen Zahlen gestaffelt sind. Beginnend bei der I, die als unschwierig beschrieben wird, steigern sich die Klassen bis zur VI, die an der Grenze der Befahrbarkeit liegt.
Was brauche ich dafür?
Auf jeden Fall einen Guide, der die Strecke kennt und natürlich ein Boot, das für Verhältnisse wie diese konstruiert wurde. Bei einer Tourbuchung ist dies natürlich inbegriffen. Ich möchte nur hier noch einmal davon abraten sich ein Boot im Baumarkt zu kaufen und damit in unbekannte Stromschnellen zu fahren. Weitere Dinge, die ihr benötigt, findet ihr hier.
Bereit für den Adrenalinkick?
Los geht’s in Österreich.
Als ich unserem Guide bei der Anfahrt zur Imster Schlucht (Klasse III — schwierig) im Auto erzählte, dass ich bereits auf dem Trancura (River IV+ — sehr schwierig) eine kleine Abfahrt gewagt hatte, ließ seine Reaktion nicht lange auf sich warten. der folgende Satz ließ meine Erwartungen an die bevorstehende Tour natürlich auf ein Minimum sinken.
„Na, nicht, dass du heute enttäuscht bist.“
Los ging es mit einem kleinen Warm-Up. Das Boot musste noch ein paar Meter getragen und über eine kleine Brücke gehoben werden. Alle unsere Rafting-Freunde packten mit an und so war auch das schnell erledigt. Die Sonne kam raus und wir setzten direkt ein. Es begann sehr ruhig. Der Guide nutzte die Gelegenheit und erklärte uns was genau wir tun sollen, wenn jemand unfreiwillig über Bord geht.
Du musst unbedingt vorne sitzen.
Die ersten Stromschnellen kamen auf uns zu und die Anspannung stieg. Nur als kleiner Hinweis: Wer den richtigen Fun möchte, der sollte sich unbedingt auf einen der vorderen Plätze des Bootes setzen. Wenn das Boot in den ersten Schwall rauscht, so steigert der Vordersitz den Funfaktor um ein Vielfaches. Links, rechts…. liiiinks. Vorwärts…. Immer wieder neue Anweisungen schrie der Guide durch die Gruppe der sichtlich bespaßten Teilnehmer. Für viele das erste Mal Wildwasser. Nach der ersten Grenzerfahrung vieler Mitinsassen folgte ein ruhiges Teilstück, bei dem der Guide die Erlaubnis zum Schwimmen gab.
Gesagt, getan! Schwupps war ich zu meiner Verwunderung der Einzige, der die Chance ergriff sich im 4°C kalten Wasser zu erfrischen. Im späteren Verlauf folgten meine Mitpaddler und genossen es sichtlich. Wir hatten eine Menge Spaß. Weitere Stromschnellen und natürlich viele weitere Anweisungen folgten. Unser Guide hat mit kleinen Späßchen immer wieder das Team zum Lachen gebracht und den Funfaktor hochgehalten. Das kompensierte ein ums andere Mal die nicht ganz so fordernden Stromschnellen.
Zusammengefasst: der Funfaktor war groß und für ein erstes Rafting und Personen, die nach einem Nachmittagsspaß suchen ist die Imsterschlucht genau das Richtige. Der große Kick mochte bei mir zwar nicht aufkommen, allerdings besteht auch im Ötztal die Möglichkeit bei genügend Wasser eine Klasse IV zu fahren. Die Ötztaler Ache blieb uns leider aufgrund von Niedrigwasser verwehrt.
Wildes Chile, wilder Trancura River. Rafting der Extraklasse
Womöglich lag die kleine Adrenalinenttäuschung der Imstaerschlucht auch daran, dass ich bereits völlig unwissentlich eine IV+ (sehr schwierig) auf dem Trancura River gefahren bin. In Österreich wurde mir nämlich gesagt, dass die Strecke oft als eine III+ verkauft wird, allerdings aus meiner eigenen Erfahrung definitiv mehr zu bieten hat.
Pucón, Chile. Angekommen an der Einsatzstelle hatten wir pures GlückDdie zehn Personen in unserem Boot waren ebenso risikofreudig wie wir. Der Guide fragte uns im Vorfeld, ob wir für Steine rammen, rausfallen, umkippen und alles was das Adrenalin ebenfalls zum Kochen bringt, bereit wären.
„Glücklicherweise haben alle ‚Si‘ gesagt.“
Das andere Boot aus der Gruppe musste nämlich mit weniger zufrieden sein. Hier also noch einmal ein Hinweis an euch: Wollt ihr beim Rafting aufs Ganze gehen, sucht euch Freunde, von denen ihr wisst, dass die ähnlich risikofreudig sind. Auf fremde Personen ist in diesem Fall eher weniger Verlass.
Auch hier wurde noch schnell erklärt, wie man sich Verhalten muss und wozu diese komische Rettungsleine eigentlich ist. Und dann ging es los…
Die Rettungsleine machte dann plötzlich total Sinn
Ich, immer davon überzeugt, dass die Guides uns nicht in Lebensgefahr bringen, hielt diese Erklärung für unwichtig und wollte direkt in die nächste Stromschnelle krachen. Dort angekommen, machte diese Erklärung und auch diese Leine plötzlich Sinn.
Wir hatten Grant verloren. Klingt komisch, war es auch. Die nächste Walze war so heftig und gefühlt 2 Meter hoch. Das Boot hat‘s geschafft, nur hat es Grant im Bogen in das 4°C kalte Gletscherwasser befördert. An seinem Gesicht war schnell zu sehen, dass diese Aktion nicht geplant war. Der Typ hatte echt schiss. Aber wir hatten ja die Rettungsleine. 😊
Es folgten weitere Wellen, Schwalle und Walzen die es sogar ermöglicht haben, mit dem kompletten Boot wie auf einer Welle zu surfen. Mega abgefahren und genau der Kick nach dem wir gesucht hatten.
Hier wäre meine Mutter wahrscheinlich an ihre Adrenalingrenzen gestoßen.
Im Adrenalinvergleich gewinnt ganz klar der Trancura River gegen die Imster Schlucht, wobei der Vergleich aufgrund der verschiedenen Klassen etwas unfair ist. Fakt ist, dass in Chile meine Mutter an ihre Adrenalingrenzen gestoßen wäre. Für mich würde da sogar noch mehr gehen, wobei ich sagen muss, dass ich vielleicht der Spezies Mensch angehöre, die das leibliche Wohl ab und zu dem Spaß unterordnet.
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