„Die DNA der ostdeutschen Bundesländer“: Mecklenburg-Vorpommerns enge Beziehungen zu Russland

in #russland-capital5 years ago


russland.NEWS sprach mit dem Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung von Mecklenburg-Vorpommern Christian Pegel (SPD) über die Beziehungen seines Bundeslandes zu Russland.

Herr Pegel, Sie haben bei der großen Russland-Konferenz in Berlin im Februar dieses Jahres eine flammende Rede für die Verbesserung der wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland gehalten. Warum?

Christian Pegel: Das ist, glaube ich, sozusagen die DNA der ostdeutschen Bundesländer. Wir sind lange Jahrzehnte eng verbunden mit der Wirtschaft östlich unserer Grenzen. Das gilt vor allem für Russland. Dies hat sich auch nach dem Zerfall der Sowjetunion fortgesetzt. Bei uns sind wirtschaftliche Beziehungen zu Russland für viele Unternehmen ganz zentral. Wir haben einen regelmäßigen Austausch mit unserem Partner, dem Leningrader Gebiet – also der Region um St. Petersburg - und diese Zusammenarbeit pflegen wir sehr intensiv. Das ist unser Herzensanliegen, geht durch alle politischen Ebenen durch und gilt für alle Minister unseres Bundeslands.

Dass neue Bundesländer historisch gewachsene gute Beziehungen zu Russland haben ist bekannt. Aber tanzen Sie nicht etwas „aus der Reihe“, in dem Sie für die Verbesserung dieser Beziehungen in schwierigen politischen Zeiten eintreten?

Christian Pegel: Nein, ich glaube, dass die Bundespolitik und auch andere Bundesländer ganz genau wissen, dass wir eine vernünftige Grundlage für die deutsch-russischen Beziehungen brauchen, sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Bei allen großen Bundesveranstaltungen signalisieren Wirtschaftsvertreter ganz klar: Sie wünschen sich eine zunehmende Beruhigung in der Kommunikation auf politischer Ebene. Daher habe ich den Eindruck, wir in Ostdeutschland sind gar nicht so allein. Wir thematisieren das vielleicht nur etwas offensiver.

Seit 2014 veranstaltet Mecklenburg-Vorpommern alle zwei Jahre den Russlandtag, ein Wirtschaftstreffen für Geschäftsleute beider Länder. Das letzte Mal fand das Forum 2018 statt und wird also in diesem Jahr wieder stattfinden?

Christian Pegel: Die Idee dazu hatte der damalige Ministerpräsident Erwin Sellering. Seine Nachfolgerin Manuela Schwesig verfolgt das hundertprozentig weiter. Wir wollten unsere Unternehmen mit jenen aus dem Leningrader Gebiet zusammenbringen, da wir überzeugt waren, dass bei den wirtschaftlichen Beziehungen noch mehr möglich ist als das, was wir bereits erreicht hatten. Auf beiden Seiten gibt es viele Klein- und mittelständische Unternehmen. Dafür haben wir diese Plattform, den Russlandtag, geschaffen: damit Menschen miteinander reden, in Workshops diskutieren, sich kennenlernen und Berührungspunkte finden. Das Feedback bekommen wir immer zwei Jahre später, wenn wir sehen, wie viele Teilnehmer zum nächsten Russlandtag kommen. Wir waren schon im ersten Jahr sehr überrascht, weil wir deutlich mehr Zuspruch bekamen als erwartet. 2016 und 2018 ist die Teilnehmerzahl jeweils noch weiter gestiegen. Dieses Jahr im April sind wir zu Gast bei unserem Partner „Leningrader Gebiet“ bei der sogenannten Deutschen Woche. 2021 wird der deutsch-russische Wirtschaftstag wieder bei uns in Rostock stattfinden.

Apropos Leningrader Gebiet. Mecklenburg-Vorpommern strebt eine engere politische Zusammenarbeit mit der Region um St. Petersburg an. Der Landtag hat dazu sogar eine deutsch-russische Partnerschaftsvereinbarung auf den Weg gebracht. Wie sieht es heute damit aus?

Christian Pegel: Die Idee ist, dass wir dieses oder kommendes Jahr mit dem Landtag des Leningrader Gebiets eine Vereinbarung unterzeichnen um zu zeigen, dass nicht nur unsere Regionen, sondern auch unsere Parlamente einen Partnerschaftsvertrag haben. Es geht also auch um den politischen Dialog.

Jetzt zu Nord Stream 2. Die russische Pipeline endet ja in Mecklenburg-Vorpommern. Nun wehren sich die USA massiv gegen das Projekt. Ihr Bundesland hat aber vor, weiterhin Unternehmen zu unterstützen, die an Wirtschaftsbeziehungen zu Russland festhalten und sie ausbauen wollen, heißt es. Das bekräftigte auch ihre Ministerpräsidentin Manuela Schwesig oft genug, unter anderem bei ihrer Reise nach St. Petersburg voriges Jahr. Nun wird Nord Stream 2 erstmal „eingefroren“. Wie gehen Sie damit um?

Christian Pegel: Wir haben das Projekt intensiv bei der Genehmigung begleitet und haben als Erste eine Baugenehmigung in der küstennahen Ostsee und auf der Landseite erteilt. Jetzt sanktionieren die USA die Verlegeschiffe. Diese sind ziemlich selten auf der Welt. Nun muss das Nord-Stream-2-Konsortium prüfen, wo es solche Schiffe herbekommt. Ich gehe fest davon aus, dass das Projekt nur zeitlich verzögert wird. Auf der Festlandseite ist die Anschlussleitung fertiggestellt. Wir haben unseren Beitrag geleistet. Wenn wir politisch helfen können, tun wir das auch, wo es nur geht. Allerdings sind wir jetzt auf einer Spielebene, wo die EU und die Bundesregierung die Hebel in der Hand haben. Da ist ein einzelnes Bundesland überfordert, denn es handelt sich um ein gesamteuropäisches Projekt und da sind die Einflussmöglichkeiten eines einzelnen Bundeslands begrenzt. Mir persönlich bestätigen alle am Projekt beteiligten Parteien, dass sie bei der Stange bleiben und die Pipeline fertigstellen werden.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

 

 


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