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RE: Gedanken zur Frauenquote

in #deutsch8 years ago (edited)

Danke für den Artikel, den ich weitgehend gut nachvollziehen kann.
Durchaus witzig finde ich, wie ich immer wieder auf Deutsche treffe, die der Schweiz eine gewisse Rückständigkeit vorwerfen und dann die späte Einführung des Frauenstimmrechts erwähnen.

Was ich von meinen Vorfahren, Grosseltern und Urgrosseltern so mitbekommen haben, sie waren/sind einfache Landleute bzw. Arbeiter in der Kleinstadt, ist, dass es gesellschaftlich akzeptiert war, dass Politik Männersache war. Was aber bei weitem nicht hiess, dass Männer Frauen demonstrativ ausgeschlossen hätten, im Gegenteil haben viele Frauen schon gewusst, wie sie ihre Männer beeinflussen können und haben das auch praktiziert. Damals lebten prozentual und absolut viel weniger Frauen alleine als heute.

Natürlich war diese Zeit irgendwann abgelaufen und es lief darauf hinaus, auch unter politischer Agitation und Kampf, dass die Frauen das gleiche Stimm- und Wahlrecht bekamen wie die Männer. Es handelte sich also um eine Entwicklung, wie sie in der Welt häufig stattfindet und irgendwann abgeschlossen ist.

Die Schweiz wurde durch das Abstimmungsverhalten der Frauen aber durchaus auch etwas verändert, in eine Richtung, die mir nicht sonderlich gut in den Kram passt. Meine Haltung ist sehr freiheitsliebend und ich nehme lieber das Risiko und die Eigenverantwortung, als eine von oben gewährte Sicherheit, wenn ich mit etwas praktischer Intelligenz auf ein viel besseres Ergebnis kommen kann. Wenn ich scheitere, zieht mein Scheitern garantiert bedeutend kleinere Kreise als es das Scheitern des Staates täte.

Ich stelle fest, du hast das weibliche Sicherheitsbedürfnis erwähnt, dass Frauen auf Manipulationen und Propaganda von oben bezüglich sicherheitsrelevanter Themen weniger kritisch sind als Männer und damit wohl durchaus entscheidend mitgeholfen haben, den Staatsapparat und -etat generell und dessen Befugnisse massiv zu vergrössern. Dazu wurden in der Schweiz in den 1990er Jahren auch eine Einschränkung der freien Meinungsäusserung beschlossen, die unter Männern klar abgelehnt wurde.

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Interessanter Kommentar!

Es ging mir übrigens nicht darum, auf die 'rückständige' Schweiz zu zielen (die in vielen Aspekten m. E. deutlich moderner ist als Deutschland), sondern eher darum, anhand von Beispielen zu zeigen, wie spät Frauen (sogar im vergleichsweise fortschrittlichen Europa) einige Rechte zugestanden wurden, die von ihnen in der heutigen Zeit glücklicherweise selbstverständlich wahrgenommen werden können.

Glücklicherweise? Ja, dazu stehe ich: wenn Frauen, wie du schreibst, durch ihr Abstimmungsverhalten mit dazu beigetragen haben, Freiheitsrechte zu beschneiden (ich stimme dir zu, dass derzeit überall in Europa Freiheit für angebliche Sicherheit geopfert wird), finde ich das auch sehr bedauerlich, was aber nichts daran ändert, ihnen gleiche Rechte wie mir selbst zuzugestehen, was aus meiner Sicht selbstverständlich auch das Wahlrecht umfasst.
Ich glaube übrigens nicht, dass Frauen prinzipiell im Durchschnitt schlechtere Entscheidungen treffen würden als Männer. Erstens wird das Ergebnis solcher Entscheidungen von verschiedenen Menschen nun einmal subjektiv unterschiedlich bewertet (auch wenn mir selbst das im Einzelfall vielleicht nicht immer so gut schmeckt; mehr als meine Meinung so gut wie möglich zu vertreten, kann ich nicht machen) ... und zweitens könnte es, ähnlich wie am Beispiel der Geldanlage, Zeiten geben, wo das statistisch gesehen risikoaffinere Verhalten der Männer vorteilhaft ist, aber andererseits auch Situationen, wo das auf Sicherheit bedachte Vorgehen der Frauen zu besseren Ergebnissen führt.

Danke für die Antwort.

Ein Ziel, die Diskussion vielleicht noch ein wenig zu öffnen, dürfte mir gelungen sein.

Natürlich greife ich zu einer etwas deutlichen Argumentation, aber da ich mich aus selber oft tiefgehend hinterfrage, halte ich es für angemessen, das auch für gesellschaftliche Dinge zu tun. Ich gehöre selber nicht zu denen, die den Frauen das Wahlrecht am liebsten wieder entziehen möchten und ihnen allgemein vorwirft, schlecht zu entscheiden. Aber wie gesagt, ich bin dafür alles zu hinterfragen und da sind mir ein paar Dinge in den Sinn gekommen, die ohne Frauenwahlrecht wohl etwas anders herausgekommen wären. Das soll nicht dazu benutzt werden Ressentiments zwischen den Geschlechtern aufzubauen, sondern mehr das Bewusstsein dafür fördern, dass jedes seine Schwächen hat, die es anzuerkennen und entsprechend zu berücksichtigen gilt.