Wenn das Leben plötzlich leise wird – Abschied von einem Freund
Heute früh, kurz nach dem Aufstehen, habe ich auf mein Handy geschaut – gegen 3 Uhr kam eine Nachricht von der Mutter eines alten Freundes aus längst vergangenen Zeiten. Sie schrieb mir, dass ihr Sohn in der Nacht gestorben ist. Kein Schock, eher ein stiller Stich. Ich wusste, wie schlecht es ihm ging, aber irgendwie hofft man ja doch immer, dass sich das Blatt noch einmal wendet.
Was mich wirklich trifft, ist das, was nicht mehr passieren kann. Wir hatten seit fast zwei Jahren immer wieder gesagt: „Wir müssen uns unbedingt noch einmal sehen, quatschen über früher, über all die unbeschwerten Zeiten.“ Aber wie es so ist – das Leben grätscht dazwischen. Immer wieder. Er wollte mich besuchen, ich wollte zu ihm fahren. Am Ende blieb es bei Worten. Und jetzt ist es zu spät.
Wir hatten unregelmäßig Kontakt über WhatsApp, mal über Gott und die Welt, in letzter Zeit auch über Erbe und Geld. Er war nicht arm, hatte aber niemanden außer seiner alten Mutter, die jetzt – mit über 80 – allein dasteht. Ich habe vorhin mit ihr telefoniert. Sie war völlig aufgelöst, überfordert, verloren. Kein Wunder – sie hat nicht nur ihren Sohn verloren, sondern steht jetzt mit allem allein da.
Er hat seiner Mutter ein beträchtliches Vermögen hinterlassen – ich weiß, dass es siebenstellig ist, inklusive eines Mehrfamilienhauses, um das sie sich künftig kümmern muss. Nur ist sie dazu gar nicht mehr in der Lage. Sie ist alt, gesundheitlich angeschlagen und völlig überfordert mit all dem, was nun geregelt werden muss. Ich habe ihr versprochen, zu helfen – so gut ich kann. Ich werde versuchen, einen seriösen Dienstleister zu finden, der sich um das Haus kümmert, damit sie wenigstens diese Last nicht auch noch tragen muss. Es gibt zwar ein paar Freunde vor Ort, die unterstützen, aber keine Familie – und das ist einfach etwas anderes.
Solche Momente holen einen brutal auf den Boden zurück. Man denkt über das eigene Ende nach, über das, was bleibt – oder eben nicht. Ich habe auch niemanden, außer meine Lebensgefährtin und meinen Sohn. Und mein Sohn wird mit dem, was ich hier aufgebaut habe – den Häusern, den Grundstücken, dem Ferienhausprojekt für Menschen in schwierigen Lebenslagen – nichts anfangen können. Es würde verkauft, verramscht, beendet. Das tut weh, weil es eben nicht nur Steine und Wände sind, sondern Herzblut.
Man kann so etwas kaum absichern. Ich habe schon mit anderen darüber gesprochen, die das gleiche Problem haben. Ein Verein bringt nichts – zu leicht übernehmbar. Eine Stiftung wäre vielleicht eine Lösung, aber auch das ist kompliziert. Und ehrlich: wem will man heute noch Geld oder Besitz anvertrauen? Spenden? 80 Prozent landen irgendwo in der Verwaltung. Tierschutzorganisationen? Ja, sie brauchen Geld – aber für mich steht der Mensch zuerst.
Und bitte: es braucht jetzt niemand schreiben „ich würde das Haus nehmen“ oder „mir geht’s so schlecht“. Das ist nicht böse gemeint, aber so funktioniert das nicht. Ein Haus ist kein Geschenk. Die Steuer allein würde viele ruinieren.
Ich merke, dass ich wieder viel zu viel denke. Vielleicht, weil ich mich damit ablenken will. Vielleicht, weil mir das Schreiben hilft, das alles zu sortieren.
Frank hat mich viele Jahre begleitet, und auch wenn wir uns am Ende zu selten gesehen haben – er war ein guter Mensch. Und er hat mich jetzt wieder daran erinnert, wie kurz alles sein kann. Dieses Jahr bin ich 60 geworden, und gefühlt habe ich schon zehn Menschen aus meinem engsten Kreis verloren. Krebs, Unfälle, Herzversagen – es ist, als ob man mit jedem Jahr etwas mehr allein wird.
Vor elf Jahren hat man mir gesagt, ich solle meine Angelegenheiten regeln. Schwere Herzinsuffizienz. Damals habe ich fast mein gesamtes Barvermögen – mehrere hunderttausend Euro – gespendet, gestiftet und verschenkt, weil ich dachte, meine Zeit sei abgelaufen. Aber ich lebe noch. Während viele, die damals Mitleid mit mir hatten, längst nicht mehr da sind – darunter auch mein Bruder. Er ist mit nur 54 Jahren gestorben, einfach so, beim Aufschließen seiner Haustür. Schlaganfall. Von einer Sekunde auf die andere war er weg.
Vielleicht ist das Schicksal, vielleicht Karma, vielleicht einfach Zufall. Keine Ahnung. Aber irgendetwas hält mich hier – vielleicht, weil noch etwas zu tun ist.
Frank, wo auch immer du jetzt bist – ich hoffe, du hast Frieden gefunden.
Energie geht nie verloren, das glaube ich wirklich. Sie verändert nur ihre Form, fließt zurück ins Universum, damit etwas Neues daraus entstehen kann. 🌌
Ich habe eben geschaut, ob ich ein Bild von ihm finde, aber das ist mir nicht geglückt. Irgendwo gibt es welche, aber ich habe nichts auf die Schnelle gefunden. Deshalb ein KI-generiertes Bild.

mein beileid sende ich dir
Das Mehrfamilienhaus kann man über eine Hausverwaltung betreuen lassen.
Für die Regelung des Nachlass kann man einen Nachlassverwalter bestellen.
Damit sollte das gröbste bewältigt werden.
fühl dich unmarmt Holger, es wird vermutlich noch viele solche Moment für Lute in unserem Alter geben, aktuell geben sich bei mir solch eMomente die Türklinke in die Hand, und wie du schreibst meist sogar jüngere Freunde oder Familienmitglieder, es ist kurz und verdammt wertvoll unser Leben, zu kurz um irgendwelche Momente zu verschwenden, die meisten vergessen das jedoch leider, und helfen will eigentlich kaum noch einer, es ist eine zusehende verrohung der Leute zu entdecken, dass finde ich sehr erschreckend.